Musical für Kinder im Theater Trier Erwachsenen darf man halt nichts erzählen

Trier · Das Problem sind die Handys. Beziehungsweise dass es sie gibt. Oder besser: Dass es sie damals noch nicht gab. Damals, in den 1920er Jahren in Berlin. Als Emil mit seinen Detektiven auf Ganovenjagd ging.

Raphael Christoph Grosch spielt den „Herrn Grundeis“.

Raphael Christoph Grosch spielt den „Herrn Grundeis“.

Foto: Theater Trier/Elena Geibel

Wären diese transportablen Kommunikationsgeräte nämlich schon in den „roaring twenties“ erfunden worden, wäre die Geschichte anders verlaufen. Oder es hätte sie gar nicht erst gegeben. Damals musste man eben zur erfolgreichen Diebessuche eine Telefonzentrale organisieren, in der alle Informationen gesammelt und weitergeleitet wurden. Und wer hatte in den zwanziger Jahren schon einen Telefonapparat zu Hause? Deshalb hat sich Kim Langner dafür entschieden, die Geschichte von Erich Kästner im Originalzustand zu belassen, wenn sie den Kinderbuch-Klassiker in der Bühnenfassung von Wolfgang Adenberg im Trierer Theatergarten inszeniert.

Das heißt: nicht ganz. Oben erwähnte Telefonzentrale wird im Original von einem Jungen namens „Kleiner Dienstag“ geleitet. Wie überhaupt die ganze Detektivbande rund um Emil ziemlich männlich ist. Eigentlich taucht – neben der Mutter und Großmutter – nur ein weibliches Wesen im Geschehen auf, nämlich Emils Cousine Pony Hütchen, und die auch nur in einer Nebenrolle. Das, so befand Kim Langner, geht ja heute gar nicht mehr.

Und Kästner hätte inzwischen gewiss auch nichts mehr dagegen, wenn aus einigen seiner Detektive Detektivinnen werden. Deshalb ist nicht nur aus dem kleinen Dienstag eine kleine Dienstag geworden, auch für Gustav mit der Hupe ist in der Zweitbesetzung ein weibliches Wesen vorgesehen. Selbst Emil erfährt in manchen Aufführungen eine Geschlechtsumwandlung, allerdings unter Beibehaltung des Vornamens. „Emilia und die Detektive“ – das hätte irgendwie nicht gestimmt. Der Geschlechterwechsel ist dabei auch ein wenig dem Ist-Zustand des Ensembles geschuldet. Im Jugendchor von Martin Folz, der die musikalische Leitung in diesem mit zahlreichen Songs gespickten Stück hat, sind mehr Mädchen als Jungen; da bestimmt allein schon die Quote die Rollenbesetzung.

Können die Kinder denn alles, was die Regisseurin von ihnen will? Die gerät regelrecht ins Schwärmen: „Die können sogar noch viel mehr. Was Carola Ehrt und Martin Folz mit diesem Jugendchor gemacht haben, ist unglaublich. Ein Beispiel: Zum offiziellen Probenbeginn, also als es zum ersten Mal szenisch zur Sache ging, hatten die schon alle Songs drauf. In- und auswendig! Da waren selbst die Erwachsenen schwer beeindruckt. Mit vielen Jugendchor-Mitgliedern kann ich arbeiten wie mit den großen Kollegen. Die Kinder können zwar nicht alles so perfekt abliefern wie diese – dafür sind sie aber auch deutlich niedlicher.“

Gab es eigentlich Konkurrenzkämpfe bei den Rollenbesetzungen? Ein bisschen Mauscheln und Intrigieren hinter den Kulissen – wie es im Theater ja des Öfteren vorkommen soll? „Das Gefühl hatte ich überhaupt nicht. Zunächst einmal wurden alle gecastet, um zu sehen, wer für welchen Part am besten geeignet war. Als dann die Entscheidungen getroffen waren, war sicherlich manch eine oder einer enttäuscht, nicht die Rolle bekommen zu haben, die sie sich gewünscht hatten; das ist ja normal. Aber es gab und gibt weder Groll noch Neid, im Gegenteil: Die Kinder und Jugendlichen unterstützen sich gegenseitig und gehen echt liebevoll miteinander um.“

Warum ist Erich Kästner (1899 – 1974) als Kinderbuchautor fast ein Jahrhundert nach seinen Veröffentlichungen bis heute aktuell geblieben? „Weil er sein Publikum, also die Kinder, ernst genommen hat“, glaubt Kim Langner. „Und weil er sich die kindliche Fantasie bewahrt hat und tatsächlich immer ,am Zahn der Kinder‘ bleibt, wie das alle große Jugendbuchautoren tun. Kästners Werke sind darüber hinaus voller Humor, und guter Humor ist etwas, das über alle Generationen hinweg aktuell bleibt. Zudem hat er ein aufrichtiges Interesse an den Sorgen und Problemen der Kinder, denen er wunderschöne Sachen in den Mund legt. Einer meiner Lieblingssätze lautet: ,Erwachsenen darf man aber auch gar nichts erzählen‘.“

 Moritz Peitz (Mitglied des Kinder- und Jugendchors des Theaters Trier) als „Emil Tischbein“.

Moritz Peitz (Mitglied des Kinder- und Jugendchors des Theaters Trier) als „Emil Tischbein“.

Foto: Theater Trier/Elena Geibel

Premiere ist am 10. Juni, 18 Uhr, im Theatergarten, Karten: 0651/718-1818.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort