Musik im Zeichen von Genie und Wahnsinn

Luxemburg · Eine weitere Facette unter den großen Orchestern und Künstlerpersönlichkeiten in der Luxemburger Philharmonie: Mit der sächsischen Staatskapelle Dresden gastierte am Sonntagabend eines der traditionsreichsten Orchester Europas, mit dem weltberühmten Geiger Gidon Kremer als Solisten.

 Respekt vor Schumanns Werk: Dirigent Christoph Eschenbach. Foto: Philharmonie

Respekt vor Schumanns Werk: Dirigent Christoph Eschenbach. Foto: Philharmonie

Luxemburg. Die erste Hälfte des Konzerts war dem sinfonischen Spätwerk Robert Schumanns gewidmet. Vielen Arbeiten dieser Periode wird nachgesagt, sie stünden unter dem Einfluss der nachlassenden Geisteskraft des 1854 in eine Pflegeanstalt eingelieferten Komponisten. Unter Leitung seines künftigen Chefdirigenten Christoph Eschenbach eröffnete das Orchester den Abend mit der Ouvertüre "Die Braut von Messina" - und bestach gleich zu Beginn durch seine über Jahrhunderte hinweg entwickelte, dunkel-samtige Klangkultur.
Der lettische Geiger Gidon Kremer hat viel dafür getan, dass Schumanns letztes Orchesterwerk viele Jahrzehnte nach dem Tod des Komponisten eine zweite Renaissance erfuhr. Das Violinkonzert in d-Moll war nach dem propagandistischen Missbrauch durch die Nationalsozialisten lange verpönt.
Die intensive Beschäftigung Kremers mit dem Werk spiegelte sich in seiner Interpretation wider. Durch Kremers Spiel erhielt das von Zeitgenossen als "undankbar und beinahe unspielbar" empfundene Werk eine Selbstverständlichkeit und innere Geschlossenheit, die dem Stigma des Wahnsinns widersprechen.
Bemerkenswert war Eschenbachs Entscheidung, das Streichorchester relativ groß zu besetzen. Durch den hierdurch entstehenden wohlig-weichen Orchesterklang, wurden einige der charakteristischen Kanten und Schärfen des Geigenparts abgeschwächt. Trotz des etwas behäbigen dritten Satzes und einiger Hakler im Zusammenspiel, wurde dem Publikum eine dramatisch schlüssige Interpretation des schwierigen Werks geboten. Für den herzlichen Applaus bedankte sich Kremer mit Heinrich Wilhelm Ernsts Fassung von Schuberts "Erlkönig".
Brahms\' erste Sinfonie überzeugte vor allem durch Eschenbachs geschmackvolle und dramatisch-architektonisch meisterhaft durchdachte Interpretation. Der tiefe Ernst und die sparsamen Tempoveränderungen schienen von Respekt des Dirigenten gegenüber diesem historisch bedeutsamen Werk zu zeugen. Das Orchester bestach durch Farbenreichtum, einen auch an den monumentalen Stellen raffinierten Klang sowie durch die musikalisch ausgereiften Soli der Holzbläser, der beiden Solo-Hörner und des Konzertmeisters.

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