"Musik ist jetzt"

Er zählt zu den bekanntesten Klezmer-Musikern der Welt und beeindruckt eine große Fangemeinde mit einer bunten Mischung aus Tango, Klassik, jüdischer Folklore (Klezmer) und Jazz. Der in Buenos Aires geborene Giora Feidman kommt mit seinem Trio am Freitag, 15. Februar, nach Trier. Um 20 Uhr spielt er in der ehemaligen Abtei St. Maximin.

 Giora Feidman ist einer der bekanntesten Klezmer-Musiker. Foto: Archiv

Giora Feidman ist einer der bekanntesten Klezmer-Musiker. Foto: Archiv

Trier/Tel Aviv. (hpl) Feidman erhielt jeweils 1997 und 2003 den deutschen Musikpreis "Echo Klassik" in der Kategorie "Klassik ohne Grenzen". 2001 ehrte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse ihn in Berlin wegen seiner besonderen Verdienste um die Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden mit dem Großen Bundesverdienstkreuz. TV-Redakteur Hans-Peter Linz sprach mit dem Musiker. Sie sind gerade in Israel - konzertieren Sie oder machen Sie Urlaub? Feidman: Ich bin gerade auf Familienbesuch und besuche meine neuneinhalb Enkelkinder. Oh, die Zeit vergeht, machen Sie aus dem halben Enkel einen drei Viertel. Wir leben hier zirka 50 Kilometer von Tel Aviv entfernt. Das sind schon ganz andere Verhältnisse als in Deutschland. Inwiefern andere Verhältnisse? Feidman: Nun, ich lebe 250 Nächte im Jahr im Hotel - aber Deutschland ist, neben meiner Geburtsstadt Buenos Aires, meine Heimat. Hier können Deutsche und Juden gemeinsam musizieren. Das sollte überall möglich sein. Auf der Welt toben derzeit 28 Kriege. Den Konflikt um Palästina erlebt man hier hautnah. Es gibt hier große Probleme. Aber das ist keine Erlaubnis, sich gegenseitig umzubringen. Wie ist es, wenn Sie in Deutschland sind? Feidman: Deutschland ist meine Heimat. Warum? Hier wird mir erlaubt, Menschlichkeit zu praktizieren. So wurde ich ein integraler Teil der deutschen Gesellschaft. Ich bin Deutscher und Jude. Was in Deutschland nach dem Krieg geschehen ist, zeigt, dass Frieden möglich ist. In ein paar Generationen wird auch der Palästina-Konflikt vorbei sein, denn der Frieden ist der Normalzustand. In Deutschland kann man heute auch keinem Kind mehr sagen, du bist Deutscher, du bist schuldig. Das ist Unsinn. Seit wann musizieren Sie? Feidman: Mein Vater war mein Musik-Guru. Er gab mir meine erste Lektion, schon als Kind. Er hat mir immer gesagt, du bist ein Diener der Gesellschaft. Mit neun Jahren erhielt ich meine erste Auszeichnung. Aber auf diesen Lorbeeren durfte ich mich nicht ausruhen. Im Gegenteil. Mein Vater sagte: Du bist kein Künstler, du bist ein Diener. In unserer Familie musste jeder musizieren. Und geht die Familientradition weiter? Feidman: Ja, auch meine Enkelkinder lernen Instrumente. Meine älteste Enkelin ist 17 und spielt zum Beispiel Harfe. Das erste, was ein Kind macht, bevor es sprechen lernt, ist doch singen, tanzen. Das ist ein ganz wichtiges menschliches Bedürfnis. Das Baby wird doch ruhig, wenn die Mutter ihm etwas vorsingt. Musik hat so viel Energie.Sie spielen gerne in Kirchen, wie auch nächste Woche in St. Maximin. Hat das einen Grund? Feidman: Ja, es ist für mich wichtig, dass Deutsche und Juden gemeinsam in Kirchen Musik erleben. Das zeigt die Versöhnung. In dem Moment, in dem man musiziert, ist man mit Musiktraditionen von Generationen verbunden. Musik ist jetzt. Da gibt es kein anderes Element. Es gibt kein Gestern und Morgen. Jeder Moment ist anders, ist wunderschön. Für mich ist jedes Konzert das erste in meinem Leben. Was werden Sie in Trier spielen? Feidman: Die Leute kommen zu meinen Konzerten und lassen sich meistens überraschen. Ich werde Mozart, Klezmer, Joplin, Piazolla spielen - und natürlich auch eigene Stücke. Aber es geht gar nicht um die Namen, die dahinterstehen, sondern um die Musik für sich. Die Stilrichtung, etwa Klezmer oder Tango oder Jazz, ist nicht die Sache, um die es geht. Der Weg zum Ziel.Tickets zum Konzert gibt es in den TV-Pressecentern in Trier, Bitburg, Wittlich, unter der TV-Tickethotline 0651-7199-990 und online unter www.volksfreund.de/ticketsZUR PERSONGiora Feidman wurde am 25. März 1936 in Buenos Aires geboren und ist Klarinettist. Seine Eltern waren bessarabische Juden. Sein Vater, selbst Musiker, war sein erster Lehrer. Im Alter von 20 Jahren ging er als Bassklarinettist zum Israel Philharmonic Orchestra. Anfang der 1970er Jahre begann er seine Solokarriere als Klezmer-Musiker. Er spielte unter anderem die Filmmusik zu Steven Spielbergs Spielfilm "Schindlers Liste" und erhielt dafür einen Oscar. Er hat über 30 Alben produziert.

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