Musikalisch gute Fußarbeit
Trier · Er ist in vieler Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung. Felix Klieser gehört zu den talentiertesten Hornisten der Musikszene. Ohne Arme geboren spielt der Echo Klassik-Preisträger mit den Füßen. Am Sonntag kommt er im Rahmen des Mosel Musikfestivals zu einer Matinee ins Kurfürstliche Palais nach Trier. Vorher sprach er mit dem Trierischen Volksfreund über seine Musik.
Trier. Wenn er über sein Instrument spricht, gerät er ins Schwärmen. "Das Horn ist ein unglaublich vielfarbiges, ausdrucksstarkes Instrument", begeistert sich Felix Klieser. Der junge Musiker ist einer der Stars auf dem schwierigen Blasinstrument mit seinem Tonumfang von vier Oktaven und seiner enormen Dynamik. Publikum und Musikkritik loben seine Interpretationen wie sein Klanggefühl.
Als Seele des Orchesters hat Robert Schumann einmal die gewundene Röhre mit den vielen Ventilen bezeichnet. "Das Horn weckt Emotionen" weiß auch Felix Klieser. "Mit ihm lassen sich wunderbar Atmosphäre und Stimmungen transportieren". Zudem sei es ein hervorragender Mittler zwischen den Instrumenten.
Spielt mit den Füßen
Der 1991 geborene Musiker ist auch anderweitig eine Ausnahmeerscheinung. Felix Klieser ist ohne Arme geboren und spielt daher mit den Füßen. Dass er deshalb etwas Besonderes sei oder gar technisch größere Probleme habe als seine Kollegen, die ihre Hände benutzen, mag der Niedersachse nicht hören.
"Ich bin von Anfang an nichts anderes gewöhnt", wehrt er ab, "ich hatte zum Beispiel nie Probleme, schnell zu spielen. Eher schon seien Lippenspannung und Ansatz ein Problem. Womit es ihm so geht, wie allen Hornisten. Das Horn hatte es jedenfalls von Anfang an sein müssen, auch wenn der Musiker bis heute nicht sagen kann, warum eigentlich.
Kein anderes Instrument
Dass kein anderes Instrument infrage kam, stand schon für den Vierjährigen fest, der als jüngster Schüler in der Musikschule Göttingen unterrichtet wurde und später als Jungstudent an der Musikhochschule Hannover ausgebildet wurde. Inzwischen hat Klieser mit zahlreichen großen Orchestern gespielt. Vor zwei Jahren erhielt er den angesehenen Echo-Klassik-Musikpreis. Auch wenn das Horn nicht das klassische Soloinstrument sei, Literatur gebe es genug dafür, erklärt der Musiker. "Leider ist sie dem gängigen Konzertpublikum nur zu wenig bekannt". Dem abzuhelfen und sie einem breiteren Publikum nahezubringen, ist ein Herzensanliegen des Hornisten. "Mein Wunsch ist es, die Hörer für diese Literatur zu begeistern." Ganz wichtig ist ihm dabei der Kontakt mit dem Publikum. Nichts gehe über das Erlebnis eines Live- Konzerts.
Da fürchtet der Musiker auch nicht die berüchtigten Kiekser, soll heißen die blitzschnell zu korrigierenden Töne im störungsanfälligen Horn.
"Wenn der Ton gespielt ist, ist er gespielt", sagt er gelassen. "Ich gehe grundsätzlich mit dem Vorsatz auf die Bühne, so gut wie möglich zu spielen." Mit dabei hat er sein Alexander Horn 103 , benannt nach dem gleichnamigen Mainzer Hersteller, ein "must" für jeden Hornisten mit Ambitionen zur Weltkarriere.
In Trier stellt sich der Musiker einer ebenso spannenden wie schwierigen Herausforderung. Gemeinsam mit der Pianistin Mona Asuka Ott spielt er Werke der klassischen und romantischen Literatur. "Ein Klavier und ein Horn zusammenzubringen und eine gute Mischung zu finden, ist sehr schwer", bestätigt Klieser. Das liege naturgemäß schon an der ganz andersartigen Klangstruktur und dem Klangbild der Instrumente.
Vier oder fünf Stunden üben
Allerdings: "Zu erreichen, dass so gegensätzliche Instrumente zusammenfinden, ist gerade reizvoll." Vier bis fünf Stunden übt der Hornist nach Möglichkeit täglich, sofern ihn nicht Reisen oder andere Verpflichtungen davon abhalten.
Diäten oder besondere Maßnahmen zur Pflege von Lippenfeuchtigkeit und Muskulatur vor Konzerten hat er nicht im Programm. Er gehe mit seiner Tagesform ins Konzert.
Was dem Musiker dagegen ganz wichtig ist: "Ich gehe auf die Bühne, weil ich etwas mitzuteilen habe." Lieblingskomponisten hat der Hornist keine. Im Gegenteil: sich immer Neues zu erschließen, ist für ihn lebenswichtig. Selbst wenn es Stücke seien, die er nur einmal im Leben spiele. "Das macht den Kopf frisch." Auch anderswo hat Klieser inzwischen Neues gewagt. Sein Buch "Fußnoten" erschien 2014.
Die Matinee findet statt am Sonntag, 28. August, um 11 Uhr, im Kurfürstlichen Palais Trier.
Sein Buch "Fußnoten" erschien 2014 im Patmos Verlag, 168 Seiten, 17,99 Euro.