Musikalische Reise in den Tod

Luxemburg · In der Luxemburger Philharmonie interpretieren Ian Bostridge (Tenor) und Thomas Adès (Piano) die "Winterreise" von Franz Schubert auf vortreffliche Art und Weise - und ziehen damit das Publikum in ihren Bann.

Luxemburg. Dass die Luxemburger Philharmonie nicht nur die großen, sinfonischen Konzerte mit den Chart-Stürmern der Klassikszene bietet, sondern auch die Kammermusik und der Lied-Gesang ihren Platz ebendort haben, beweist die äußerst erfolgreiche Konzertreihe "Ré-cital Vocal". Hier treten im kleineren Rahmen immer wieder außergewöhnliche Solisten auf.
Am Samstag ist der "Salle de Musique du Chambre" mit mehr als 300 Zuschauern ausverkauft. Angesagt ist einer der profiliertesten Liedsänger der letzten Jahre, der britische Tenor Ian Bostridge. Er singt die "Winterreise" von Franz Schubert (1797-1828) in so virtuoser Manier, dass den Zuschauern das Blut in den Adern zu gefrieren scheint.
Von düsterer Ästhetik


Schubert komponierte diesen von existenziellem Schmerz geprägten Liederzyklus im Jahre 1827, ein Jahr bevor er im Alter von nur 31 Jahren verstarb. Die Texte stammen vom Dichter Wilhelm Müller, der ebenfalls früh, bereits im Jahr 1827, 33-jährig und vermutlich durch Freitod, verstarb.
Voller Poesie und düsterer Ästhetik erzählen sie von der einsamen Wanderung eines jungen Mannes durch eisige Winterlandschaften und reflektieren die Naturgewalten und schwankenden Stimmungen, denen dieser ausgesetzt ist. Anfänglich ist noch Freude zu spüren, bald jedoch nur noch hoffnungslose Verzweiflung und Todessehnsucht.
Der 49-jährige Bostridge strebte zunächst eine akademische Karriere an, bevor er 1994 an der Oper debütierte. Sein lyrischer Tenor ist wie geschaffen für Schuberts melancholische Musik, voller Schmelz aber auch mit der nötigen Kraft und Schärfe.
Für sämtliche 24 Lieder braucht er rund 75 Minuten, wie selbstverständlich ohne Pause, ohne Blatt und auch noch in akzentfreiem Deutsch. Dabei hält er ein angemessenes Tempo, lässt nicht nach und zeigt, wie perfekt er jeden einzelnen Ton beherrscht: Nicht nur technisch, sondern auch emotional. Eine sehr reife Leistung, die von tiefem Werkverständnis zeugt. Am Flügel begleitet ihn der 1971 in London geborene Thomas Adès. Sein Spiel ist kongenial, perfekt ausbalanciert zwischen Dominanz und Zurückhaltung.
Großer Applaus und Bravos vom Publikum.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort