Musikalische Seelenarbeit und ein brillanter Solist

Trier · Mit einem wunderbar beseelten Konzert hat Wouter Padberg seinen Einstand als Dirigent eines Sinfoniekonzertes am Theater Trier gegeben. Auf dem Programm standen Werke der Romantik sowie eine Komposition von Alexander Glasunow. Als Solist im Klavier sorgte der junge Koreaner Tae-Hyung Kim für "Bravo"-Rufe im gut besetzten Haus.

Trier. Musik ist Leben und kommt aus dem Leben. Das ist hinlänglich bekannt. Und doch möchte man nach einem Abend wie dem vierten Sinfoniekonzert im Theater Trier am liebsten noch einmal all die klugen Sätze über die Vitalität der Musik zu Zeugen rufen, um die eigene Begeisterung zu bestätigen. Ein ausgesprochen intelligentes Programm von Brahms bis Glasunow, bei dem die romantischen Werke aufein-ander verwiesen und das die Musiker ebenso intelligent interpretierten, bestimmte den eindrucksvollen Abend. Unter der vorzüglichen Leitung von Wouter Padberg machten das Philharmonische Orchester der Stadt Trier und der koreanische Pianist Tae-Hyung Kim bewegend hörbar, dass Intelligenz die gemeinsame Leistung von Herz und Gefühl ist.
Es war das erste Sinfoniekonzert des neuen Ersten Kapellmeisters in Trier. Als hingebungsvoller, beseelter Musiker präsentierte sich der junge Niederländer. Aber es war keine Hingabe, die sich verliert. Sondern eine, die in der Klarheit der Struktur den ganzen Farbenreichtum, die feinen Schwingungen und die unzähligen Widersprüche der Musik auslebt und sie gemeinsam mit den Orchestermusikern schließlich zum großen Ganzen eint. So wie in Edgar Elgars berühmten "Enigma-Variationen", mit deren Dirigat Padberg Höchstform erreichte. "Enigma" heißt Rätsel. Bekanntlich verbergen sich hinter dem musikalischen "Thema mit Variationen" ursprünglich die Charaktere von Elgars' Freundeskreis. Doch die Musik weiß viel mehr. Der Kosmos der Temperamente, der hier in Klang gefasst ist, ist wie das Leben selbst.
Gleich eingangs im sehnsüchtigen Andante des Themas stellten sich mit der Rätselfrage all die gestellten und nicht gestellten Fragen des Lebens. Padberg und seine Musiker leisteten wunderbar klangsinnlich Seelenarbeit und machten hörbar, was die Charaktere des Freundeskreises wie das Leben ausmacht: die Stürme wie die Stille, den Glanz und die Düsterkeit, Anmut und Forschheit. Empfindsam und feinsinnig legten die Musiker in diesem dichten Gewirk die Temperamente frei. Fließend und mit weiter Geste schlug Padberg den Bogen. Wunderschön die Bläser, warm und mit feinem Schmelz spielten die Streicher.
Um Seele war es bereits vorher in Johannes Brahms' Klavierkonzert Nr.1 in d-Moll gegangen. Als Solist am Flügel war der hochbegabte Tae-Hyung Kim zu Gast. Der junge Koreaner ist zweifellos ein Ausnahmetalent, auch deshalb, weil er ganz ohne Schau und virtuose Selbstgefälligkeit auskommt. Seine brillante Technik und sein Ausdruck leiten sich allein aus der Musik ab. Kim machte die Musik sprechen und von innen leuchten. Sein Anschlag ist prägnant, die Triller funkeln, und seine donnernden Akkorde haben etwas geradezu Schicksalhaftes. Reif ohne altklug zu sein, erklang das nachdenkliche Andante, in dem die Musik Selbstgespräche führte. Hervorragend gelang das Zusammenspiel mit dem Orchester.
Das hatte gleich zu Beginn ein großes dramatisches Seelenszenario geschaffen. Begonnen hatte der Abend mit Alexander Glasunows Ouverture Solennelle D-Dur op. 73, die bereits einen Ausblick auf das gab, was den Abend zu einem Ereignis machte. Auch den Zuhörern gefiel es. er

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