Musikalische Seelenarbeit und empfindsame Klanggestaltung

Echternach · Das Festival International Echternach hat in seiner qualitätvollen Intimität und seiner Beschränkung etwas ebenso Mutiges wie Besonderes. Das bestätigte einmal mehr das Konzert des Signum Quartetts und Nils Mönkemeyer.

Echternach. Sie sind große Klasse. Und das, ohne großen Wind zu machen. Den erzeugten die jungen Streicher des Signum Quartetts höchstens, als sie in Jörg Widmanns "Choralquartett" die Atemzüge der Klarinette auf ihre Saiten übertrugen. Vorsichtig und mit ungeheurem Feingefühl gingen sie das an, in den Klang hörend, wie in das Echolot ihrer Vorstellung.
Überhaupt ist der hochsensible Umgang des Quartetts mit dem Klang, sein Gefühl für das Kraftfeld der Komposition und die Balance darin faszinierend. Die jungen Musiker aus Köln präsentierten Schönklang als das, was er im besten Sinn ist, ein sich in der gestalteten Form verdichtendes Spannungsfeld aus Harmonie und Dissonanz. Vor Widmann hatte Haydns Streichquartett f-Moll op. 20 auf dem Programm gestanden. Das Streicherensemble spielte nicht nur intelligent, sondern auch herrlich eigenwillig. Ihr Haydn war weder muskulös noch ein Sprinter. Stattdessen schufen die Kölner einen intimen Klangraum aus Rede und Gegenrede.
Zu den vier Streichern gesellte sich nach der Pause Nils Mönkemeyer mit seiner Bratsche und ihrem wunderbar warmen, plastischen Klang. Der Musiker ist in diesem Jahr Artist in Residence des Festivals. Dass der Bratschen-Star auch ein engagierter Kammermusiker ist, der sich zurückzunehmen und bestens kommunizieren kann, bewies er erneut in Echternach. Mit dem Kölner Quartett spielte er zunächst eine als Quintett bearbeitete Auswahl der "Ungarischen Tänze" von Johannes Brahms. Das war mehr als Tanzvergnügen. Der fast schroffe Zugriff der Musiker legte geradezu schonungslos das komplexe Psychogramm der Tänze offen.
Höhepunkt des eindrucksvollen Abends: Johannes Brahms' Streichquintett G-Dur op. 111 Das Spiel der Streicher war musikalische Seelenarbeit und Spannung pur. Kraftvoll, dynamisch und mit ungeheurer Dringlichkeit präsentierten die Musiker die dichte Musik. Einfühlsam deuteten sie ihre widerstreitenden Stimmungen. Wunderbar das singenden Cello, die zuweilen schmerzhaft schönen Geigen. er

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