Musikgeschichte(n)

"Hast du auch dein Liederbuch eingepackt?" Mama kommt ins Zimmer, während Max seine Schultasche packt. Max fängt an zu suchen.

Nirgends ein Liederbuch. "Ich kann sowieso alle Lieder auswendig", motzt Max. "Und überhaupt: Früher wurde sowieso viel mehr auswendig gesungen, sagt unser Musiklehrer." Recht hat er. Lange schon, bevor man Lieder aufgeschrieben hat, wurden sie im Kopf behalten und durch häufiges auswendiges Singen lebendig gehalten. Abends saß man zusammen und hat gesungen. Gesungen wurde beim Wandern und zum Tanzen. Mütter und Großmütter sangen ihren Kindern und Enkeln Wiegen- und Kinderlieder vor. Erst vor gut 600 Jahren wurden sogenannte volkssprachige Lieder - das sind unsere heutigen Volkslieder - niedergeschrieben und als Buch zusammengefasst. Erst als der Buchdruck vor 500 Jahren erfunden wurde und es plötzlich möglich war, Texte und Noten zu drucken und zu vervielfältigen, begann man, Liederbücher herzustellen, die sich jeder kaufen konnte. Auch Gesangbücher für den Gottesdienst gab es nicht immer. Solange in der Kirche nur Latein gesprochen wurde, wurden die Texte nur von den Priestern und dem Chor gesungen. Die meisten Gottesdienstbesucher konnten gar kein Latein. Erst später wurden auch in der katholischen Kirche deutsche Lieder gesungen und in Büchern gesammelt. In der evangelischen Kirche gab es schon sehr früh Gesangbücher mit deutschen Liedern. Ihr Gründer, der Reformator Martin Luther, wollte, dass alle mitsingen konnten, die den Gottesdienst besuchten. Da zu den alten Liedern immer neue kommen, zeigen Liederbücher auch, was Menschen in verschiedenen Zeiten gedacht haben, welche Wünsche und Sorgen sie gehabt haben. Eine der ältesten Sammlungen von Volksliedern ist übrigens das über 600 Jahre alte Augsburger Liederhandbuch. Eva-Maria Reuther

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