Mosel Musikfestival Mutzke, Quasthoff und geniale Frauen: Was das Mosel Musikfestival dieses Jahr zu bieten hat
Trier / Bernkastel-Kues · Mehr als 50 Konzerte an besonderen Orten der Region: Das verspricht das Mosel Musikfestival für den Sommer 2023. Erstmals bietet es seine Kulturveranstaltungen in zwei Ländern an. Bei der Präsentation fielen auch deutliche Worte.
Das Mosel Musikfestival hat am Freitag sein Programm für die Spielzeit 2023 präsentiert. Unter dem Motto „Ganz neue Welten tun sich mir auf …“ kündigte Intendant Tobias Scharfenberger mehr als 50 Konzerte an über 30 Orten entlang der Mosel an, darunter erstmals auch Veranstaltungen in Luxemburg. Dort hatte das Festival kürzlich eine eigene Gesellschaft gegründet, die sogenannte moselmusikfestival asbl, die nun mit fünf Konzerten etwa in Grevenmacher und Remerschen im Programm vertreten ist.
Das sind die Highlights
Das Spektrum der Musikauswahl ist größer denn je und längst weit über die Klassik hinausgewachsen. Es nimmt auch Impulse aus Literatur und Kunst auf, aus Jazz, Pop und fernen Kulturen, es wagt experimentelle Formate, fördert junge MusikerInnen und bespielt neue Orte. Eines der Highlights dürfte der Auftritt von Max Mutzke und seinem Marialy Pacheco Trio in Trier sein. Der Sänger, bekannt durch seine Stimme in Pop- und Soulstücken, tritt am 5. August open-air im Innenhof des Kurfürstlichen Palais` auf. Mutzke hatte bereits im Sommer 2022 im ehemaligen Bahnausbesserungswerk in Trier für Verzückung beim Publikum gesorgt. Dieses Mal lockt zusätzlich eine weitere Stimme: die des nicht minder bekannten Opernsängers Thomas Quasthoff. Es ist das erste Mal, dass die Musiker zusammen spielen. Zu den bekannten Namen im Programm gehören auch Mnozil Brass, The Ukulele Orchestra of Great Britain, der aus Koblenz stammende und weltweit erfolgreiche Pianist Martin Stadtfeld, Ana de la Vega, Wildes Holz und der Solo-Klarinettist des SWR-Sinfonieorchesters Sebastian Manz. Letzterer kommt als Residenz-Künstler gleich für drei Tage an die Mosel, wo er unterschiedliche Facetten seines Könnens präsentiert.
„Live-Malerei“ zu Musik und Literatur
Ein weiteres Spitzenkonzert führt in den Trierer Dom, den das berühmte englische Vokalensemble The Tallis Scholars am 7. September bei „Nachts im Dom“ mit spirituellen Klängen erfüllt. Es gilt als weltweit führendes Ensemble für die Vokalmusik der Renaissance. Und auch ein verrücktes neues Format steht im Programm: sogenannte „Live-Malerei“ in den Viehmarktthermen. Dabei kreiert der Hamburger Künstler Janus Hochgesand zu Musik und Text-Rezitation mit einer verblüffenden Technik ein Bild zum Thema „Amor und Psyche“.
Und wo geht’s zu Günther Jauch?
Langjährige Besucher des Mosel Musikfestivals werden vielleicht einen Evergreen im Programm vermissen: die Abende im Garten von Günther Jauch auf dessen Weingut von Othegraven in Kanzem an der Saar. „Wir wollen auch mal neue Orte zeigen“, erklärte Scharfenberger die geplanten „Weinklang“-Events, die mit Konzerten und kulinarischen Kostproben auf bedeutende Weingüter locken: nach Kanzem an der Saar (Weingut Cantzheim), nach Traben-Trarbach (Weingut Villa Huesgen), nach Serrig an der Saar (Weingut Würtzberg) und nach Bernkastel-Kues (Weingut Dr. Loosen).
Als Herzstück des Festivals erweisen sich 2023 passend zum Motto sieben Themen-Wochenenden. Unter dem Label „Neue Welten“ nehmen sie etwa geniale und vergessene Literatinnen und Komponistinnen in den Blick, widmen sich bestimmten Instrumenten, kombinieren verschiedene Kunstformen oder zoomen sich ganz nah an Beethoven heran („Zoom over Beethoven“). Neue Spielorte sind die gerade restaurierte Orangerie in Bekond (Kreis Trier-Saarburg), ein Gebäude von 1732, und die Spielstätten in Luxemburg. Kooperationen laufen mit dem Kinder- und Jugendtheaterfestival Sommerheckmeck sowie der Kulturkarawane in Trier.
Noch drei ungewöhnliche Formate
Aus der Fülle der Konzerte hier noch drei ungewöhnliche Formate: Der Kantor der Dresdener Frauenkirche Matthias Grünert geht an den Start zum „1. Orgelhalbmarathon“, der in drei Tagen zwischen Winningen und Zell zwar nicht 21 Kilometer, aber 21 Konzerte zurücklegen und all die vielen Orgeln entlang der Mosel bespielen will. Kein Stück, versichert er in einem Einspieler, werde sich wiederholen. Weniger sportlich, eher meditativ wird es dagegen beim begehbaren Musikhörspiel zum Thema „Auferstehung?“ zugehen. Denn die Besucher können ins Gräberfeld von St. Maximin in Trier eintauchen (16. Juli) und dort über einen Kopfhörer individuell ein musikalisches und literarisches Angebot aufnehmen. Das experimentelle Format „Kopfhören“hat in den vergangenen Jahren bereits an anderen Orten für Resonanz gesorgt.
Wenige Tage später läuft open-air der Stummfilmklassiker „Algol“ von Hans Werckmeister aus dem Jahr 1920, am Klavier begleitet von Stephan von Bothmer. In dem Film löst eine Maschine, die unerschöpflich Energie produziert, „eine Tragödie der Macht“ ein. Der Abend bietet eine gute Gelegenheit, den Innenhof des Rheinischen Landesmuseums Trier noch einmal zu erleben, bevor dort die Replik der Igeler Säule wiederaufgebaut wird.
Eindringlicher Appell für mehr Wertschätzung
Am Schluss seiner Programmvorstellung in Trier setzt Intendant Tobias Scharfenberger noch ein deutliches Signal in die Öffentlichkeit: In dieser Breite und Qualität sei künftig angesichts der allgemeinen Kostensteigerungen ein Festivalprogramm „nicht mehr leistbar“, wenn die Wertschätzung für die Kultur sich nicht deutlich ändere. Dass Kulturveranstalter stark um Anerkennung kämpfen müssten, hänge auch mit Versäumnissen in der Bildungspolitik der vergangenen 25 Jahre zusammen. Kultur brauche mehr Geld, um diejenigen, die sie machen, angemessen zu bezahlen. Und: Ein Live-Erlebnis sei durch nichts zu ersetzen.
Karten gibt es unter www.moselmusikfestival.de oder bei Ticket regional.