Nach Trier der Liebe wegen

Trier · Das Leben schreibt bekanntlich die kuriosesten Geschichten. Zum Beispiel die von einer jungen Opernsängerin, die es eher zufällig nach Trier verschlagen hat, und die gerade dabei ist, von hier aus eine internationale Karriere aufzubauen.

Trier. Zurzeit ist die Stadt an der Mosel für Silja Schindler nur Durchgangsstation. Mozarts "Königin der Nacht" in Spanien, Wagners "Parsifal" in Kopenhagen, zwischendurch als "Blumenmädchen" in Saarbrücken, dann die Opernfestspiele im österreichischen Erl, und im Herbst geht es auf große Tour zu Wagners "Ring" in Buenos Aires.
Reichlich zu tun für die gebürtige Hamburgerin, die der Liebe wegen nach Trier gezogen ist. Bei ihrem Gastspiel vor zwei Jahren als Micaela in der Merziger Zelt oper-"Carmen" lernte sie einen jungen Kollegen aus dem Trierer Theaterchor kennen - aus Bass und Sopran wurde ein Paar. Jetzt zieht sie von Trier aus ihre Kreise. "Kein Problem", sagt Silja Schindler, "von hier aus kann man ja überall hinfliegen".
Leben aus dem Koffer gewohnt


Das Leben aus dem Koffer ist sie schon lange gewohnt. Das begann vor fast zehn Jahren, als die damalige Gesangsstudentin ohne besondere Erfolgserwartungen an einem Wettbewerb im italienischen Spoleto teilnahm. Sie gewann - und damit auch ein festes Zweijahres-Engagement am örtlichen Teatro. Das Stipendium an der Musikhochschule Mailand musste warten, zum Leidwesen der Familie. "Meine Eltern wussten, dass Sängerin ein ziemlich brotloser Beruf sein kann, ich wusste es damals nicht", erzählt sie lachend. Die Chance auf einen Einstieg wollte sie sich nicht entgehen lassen. Den Studienabschluss holte sie später trotzdem nach - "schon Papa zuliebe".
Heute muss ihre Familie schon ziemlich weit reisen, um die jüngste Tochter bei der Arbeit zu beobachten. Die Festlegung auf einen Ensemblejob hat sie nach Spoleto konsequent vermieden. Das heißt: heute in Berlin, morgen in Lissabon, zwischendurch auch mal Stralsund und Neustrelitz, dann wieder München und Luzern. Kleine Rollen an großen Häusern, große Rollen an kleinen Häusern, mal Stadttheater, mal Staatstheater. Aber immer frei, sich für oder gegen eine Rolle zu entscheiden - das macht den Unterschied zur Mitgliedschaft in einem festen Ensemble.
Opernsänger ist ein Netzwerkjob. Beim Festival in Erl sitzt der Intendant aus Kopenhagen, beim Vorsingen in Köln kommt eine Rolle in Portugal heraus, weil der Regisseur für seine nächste Produktion jemanden sucht. Kopenhagen läuft gut, das bringt einen Einspring-Auftrag in der gleichen Rolle in Saarbrücken. "Eine gute Agentur kann da einiges machen", erzählt die Sängerin.
Große Chance in Argentinien


Anscheinend hat sie eine gute. Denn im November und Dezember winkt die große Chance, bei einer Kurzversion des Nibelungen-Rings am großen Teatro Colon in Buenos Aires mitzuwirken. Regie führt die einflussreiche Bayreuth-Chefin und Wagner-Urenkelin Katharina - und Schindler kann sich gleich in drei Rollen für höhere Aufgaben empfehlen.
Im nächsten Jahr geht\'s gleich entsprechend weiter: in einer Produktion des "Teufels von Loudon" des zeitgenössischen Komponisten Krysztof Penderecki. Premiere ist in Kopenhagen, im Sommer geht es mit der Aufführung dann weiter zum renommierten Festival nach Edinburgh.
Eine anspruchsvolle Aufgabe für die darstellerisch enorm präsente Sängerin, die sich nach eigenem Bekunden "nie etwas anderes vorstellen konnte als irgendwann auf der Opernbühne zu stehen". In welches Fach sich die Karriere weiter hinentwickeln soll? "Das weiß ich auch noch nicht", sagt sie ehrlich. Richtung dramatisch wohl. Aber trotzdem mit Koloratur.
In Trier hat sie sich mit dem Sänger und Pädagogen Berthold Hirschfeld einen versierten Lehrer gesucht. Und wer weiß? Vielleicht ergibt sich ja irgendwann auch die Gelegenheit, sie in ihrer Wahlheimat zu hören.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort