Nachdenklichkeit im Festglanz - Silvesterkonzert in St. Paulin

Trier · Es erfreut sich ungeminderter Beliebtheit, das einst von Joachim Reidenbach initiierte Silvesterkonzert in der Trierer Pfarrkirche St. Paulin. Auch zum Jahreswechsel auf 2015 kamen gut 500 Besucher und erlebten, wie sich Festglanz und Nachdenklichkeit verbinden können.

Trier. Der Andrang war beachtlich, schon eine halbe Stunde vor Beginn des Silvesterkonzerts hatte sich vor dem Haupteingang der Trierer Pfarrkirche St. Paulin eine größere Besuchermenge versammelt. Die Zahl der Menschen, die zum Jahreswechsel nach Geistigem und Geistlichen verlangen, scheint demnach nicht kleiner geworden zu sein.
Drinnen hatte man die Beleuchtung auf die prächtige Ornamentik im Chorraum und die eindrucksvollen Deckengemälde gerichtet und die Sitzreihe ins Dunkel getaucht. Überwiegen da vielleicht Pracht und Festglanz? Bleibt die Nachdenklichkeit auf der Strecke?
Tatsächlich schrammte das Silvesterkonzert 2014 nur einmal knapp an dieser Klippe vorbei. Wäre da nicht der technisch perfekt und wunderbar musikalisch spielende Solist Maksym Malkov gewesen - auf Vivaldis neutrales und vom Basilikaorchester zudem lustlos begleitetes Oboenkonzert hätte man verzichten können. Aber im Übrigen verließen sich Vokalensemble und Basilikaorchester Paulin, verließ sich Dirigent Volker Krebs nicht einseitig auf barocke Feststimmung. Thomas Gabriels modern-sprödes Konzertstück für Orgel und Streichorchester (perfekt zusammen: Solist Josef Still an der Hauptorgel und das Basilikaorchester) war gewiss kein Fall für inhaltsleere Klangpracht.
Und die Barock-Großmeister Bach und Händel lassen sich vielleicht offensiver und präsenter interpretieren, kaum indes wärmer, kantabler, ja: persönlicher. Wie eindringlich hat Bach in seiner "Lobet den Herrn"-Kantate die Erinnerung an überwundene Not mitkomponiert!
Sogar in Händels wirkungssicherem "Dettinger Te Deum" schwingt bei Volker Krebs und seiner fließenden Dirigiergestik in der Repräsentation die Reflexion mit, im Festjubel die Nachdenklichkeit.
Das Vokalensemble bewältigt alle Koloraturen souverän und verliert nur in einer harmonisch komplizierten Stelle bei Händel die Intonationssicherheit. Auch bei den Vokalsolisten - Ursula Dimmers leuchtender Sopran, der knabenhaft gerade, stellenweise wenig präsente Alt von Marion Wildegger, Martin Steffans beweglicher, nur in der Höhe allzu leichter Tenor und David John Pikes markanter, oben etwas gewaltsamer Bass - auch bei ihnen geht es nicht nur um Töne, sondern ebenso um geistlichen Gehalt.
Da ist sie: Musik, die nicht einfach gefallen will, die vielmehr bewegt und berührt. Der Jubel ist groß in St. Paulin, und vielleicht haben die Kompositionen dieses Abends bei manchen im Inneren weitergeklungen. mö

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