Neue Managerin am Start

Mit der Saarbrückerin Peggy Hamann hat der Verein "Kulturraum Großregion", die Nachfolge-Struktur der Kulturhauptstadt 2007, endlich eine Geschäftsführerin. Aber Budget und Organisation lassen weiter viele Fragen offen.

 Kümmern sich um die Zukunft der Kultur in der Großregion: Thomas Schmitt, die neue Geschäftsführerin Peggy Hamann, Roman Schleimer (von links). TV-Foto: Dieter Lintz

Kümmern sich um die Zukunft der Kultur in der Großregion: Thomas Schmitt, die neue Geschäftsführerin Peggy Hamann, Roman Schleimer (von links). TV-Foto: Dieter Lintz

Luxemburg/Trier. Der Ort, an dem der im letzten Frühjahr gegründete Verein residiert, könnte kaum symbolträchtiger sein: Das Büro liegt bei den Ausstellungs-Rotunden am Luxemburger Hauptbahnhof, genau da, wo die erfolgreiche Kulturhauptstadt "Luxemburg&Großregion" gemanagt wurde. Und wo die Kulturminister der Großregion im Herbst 2007 sichtlich stolz bekanntgaben, dass der grenzüberschreitende Schwung durch einen neuen Zusammenschluss nachhaltig in die Zukunft übertragen werden sollte - auch weiterhin mit dem Hirsch als Symbol.

Aber man kann die Symbolik auch anders deuten. Aus dem Kraftzentrum der Kulturhauptstadt ist längst eine Großbaustelle geworden, die ehemalige Generaldirektion hat andere Projekte übernommen, die Rotunden stehen wegen Umbau und Sanierung auf unbestimmte Zeit leer. So ähnlich war es in den letzten Monaten auch in Sachen Kultur der Großregion.

Funktionsfähige Strukturen sind vorhanden



Das ist seit wenigen Wochen anders: Mit der Saarbrücker Kulturmanagerin Peggy Hamann gibt es endlich eine Geschäftsführerin für den Verein, zu dessen Gründungsmitgliedern alle Teilregionen gehören, von Lothringen über die Wallonie, Ostbelgien und Luxemburg bis hin zu Rheinland-Pfalz und der Stadt Trier. Die 31-Jährige hat lange im saarländischen Filmbüro gearbeitet und daneben grenzüberschreitende Orchester-Projekte koordiniert. Keine schlechte Basis für den neuen Job. Dass sie jetzt ihre Zeit weniger für kreative Ideen als für den Kampf mit den Windmühlenflügeln der Eurokratie einsetzen muss, ist ihr aber durchaus klar.

Immerhin verfügt sie über funktionsfähige Strukturen in den Teilregionen. Anders als befürchtet, sind die Regionalkoordinationen vor Ort erhalten geblieben. In Trier sind Roman Schleimer, Chef des städtischen Kulturbüros, und Thomas Schmitt von der ADD für die Großregion-Kultur auf Stadt- und Landes-Ebene zuständig. Zwei Veteranen mit jahrzehntelanger Erfahrung, bei denen die aktuelle Entwicklung zwiespältige Gefühle hinterlässt.

Einerseits sehen sie nach der Kulturhauptstadt einen "Quantensprung gegenüber früher" (Schleimer), andererseits machen sie keinen Hehl daraus, dass es ihnen viel zu langsam geht.

"Wir sind alle unzufrieden", räumt Roman Schleimer ein, "dass der 2007-Schwung nicht so konsequent wie erhofft umgesetzt wird".

Dass im Jahr 2008 in Sachen Großregion-Kultur nicht so viel los war, halten die Macher dabei nicht einmal für verwunderlich. Die Szene, vor allem bei den kleineren, oft ehrenamtlichen Gruppen habe auch eine Atempause gebraucht. Aber jetzt gebe es "jede Menge neue Projekte in der Pipeline", die dringend auf Unterstützung durch den Verein warten.

Doch so lange der nur eine Geschäftsführerin, aber kein Budget hat, ist er kaum handlungsfähig. Statt wie geplant als Anlauf- und Beratungsstelle, Koordinator und Vermittler, Ideengeber, Pfadfinder, Netzwerker, Professionalitäts-Förderer und Träger der "Corporate Identity" der großregionalen Kultur zu fungieren, schmort man im eigenen Saft.

Dabei hatten die Regierungschefs der Großregion beim Gipfel in Namur die Sache scheinbar eingetütet: Über EU-Mittel aus Interreg-Töpfen sollte die Gesamt-Struktur finanziert werden. Doch die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam, und bis heute weiß niemand, wann die Gelder fließen - und ob überhaupt. Doch die Zeit drängt zunehmend. "2013 ist alles vorbei", sagt Roman Schleimer mit Blick auf die dann anstehende Umverteilung von EU-Mitteln in Richtung der neuen Beitrittsländer. Was bis dahin nicht stabil aufgestellt ist, hat keine Überlebenschance. Das wäre fatal für die Großregion.

Peggy Hamann ist da schon von Berufs wegen optimistisch. "Die Kulturleute", so ihre Überzeugung, "denken längst nicht mehr in Grenzen". Jetzt muss sie die anderen nur noch dazu bewegen nachzuziehen. Eine entscheidende Voraussetzung hat die Französin: Sie sei, sagt sie "von Natur aus ungeduldig".

Meinung

Jetzt Ernst machen

Hoffentlich hat man die Politiker der Großregion da nicht zu früh gelobt für ihren Mut, in Sachen Kultur einen klaren Akzent zu setzen und eine nachhaltige Entwicklung anzustoßen. Denn scheinbar hat es nur für die prestigeträchtigen Ankündigungen gereicht. Aber jetzt, wo es darauf ankäme, ein Machtwort gegenüber der überbordenden Bürokratie zu sprechen und die Finanzierung sicherzustellen, werden die Kulturmacher alleine gelassen. Viel Zeit ist nicht mehr, wenn der Rest-Bestand an Kulturhauptstadt-Schwung nicht gänzlich versiegen soll. Die Ideen und Initiativen sind da, die politische Einigkeit auch, sogar an Geld-Töpfen scheint es nicht zu mangeln. Dann macht doch bitte, liebe Ministerpräsidenten und Kulturminister, den Eurokraten mal Beine. Das wäre, gerade vor der Europawahl, kein schlechtes Signal. d.lintz@volksfreund.de

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