Neue Stücke, neue Gesichter
Die Rückkehr zum bewährten Konzept der Spielzeit-Gala am Abend des Trierer Theaterfests hat sich gelohnt: Das Publikum stand Schlange, um beim "Best of" der kommenden Saison dabei zu sein, sich einen Überblick über das Angebot zu verschaffen und die neuen Akteure des Hauses kennenzulernen.
Trier. Wohl dem, der ein solches Luxusproblem hat wie Intendant Gerhard Weber: So viel Spannendes und Interessantes bietet die neue Spielzeit, dass er und seine Dramaturgen trotz zweieinhalb Stunden pausenloser Schau im Express-Tempo durchs Programm sausen müssen, um alles Wichtige wenigstens halbwegs unterzubringen.
Ein Abend der Entdeckungen.
Allen voran die Capoeira-Truppe aus Köln, die mit ihren akrobatischen Tänzen zu brasilianischen Rhythmen einen Vorgeschmack auf die Tanztheater-Produktion "Dance around the world" liefert. Da reicht ein kleiner Wink ins Publikum, und schon kommen selbst spröde Trierer nicht mehr aus dem Mitklatschen heraus. Der enthusiastische Jubel lockt sogar hinter der Bühne etliche Akteure zum neugierigen "Spinksen" heraus.
Zeitgenössische Musik kann auch schön sein
Einen blendenden Eindruck hinterlassen auch die neuen Gesichter: Die Sopranistin Joana Caspar interpretiert einfühlsam eine Arie aus der Oper "The Voyage" von Phillipp Glass und zeigt dabei, wie schön und entspannend zeitgenössische Musik sein kann. Ihre Mezzo-Kollegin Claudia-Denise Beck macht mit ihrer impulsiven Spielfreude Appetit auf Bernsteins Boulevard-Oper "Trouble in Tahiti".
Überhaupt sind es die unbekannten Stücke, für die der Abend jede Menge Reklame macht. Eindrucksvoll die Auszüge aus den "Mitternachtskindern" von Salman Rushdie, aber auch aus Shakespeares Klassiker "Der Sturm". Das Blumenduett aus der Oper "Lakmé" von Leo Délibes zeigt, dass auch ein selten gespieltes Werk höchst bekannte Stücke enthalten kann - und schürt die Vorfreude auf das Wiedersehen mit Adreana Kraschewski in der Titelrolle. Gast-Sängerin Nadine Eisenhardt holt sich verdiente Ovationen für ihre Eliza Doolittle aus "My fair lady", Barbara Ullmann lässt hoffen, dass in Trier eine "Mutter Courage" jenseits aller Brecht-Klischees möglich sein könnte. Und Vera Wenkert legt sich mächtig ins Zeug für Verdis Lady Macbeth, die nächsten Sonntag die Saison offiziell eröffnet.
22 Produktionen, so verkündet der Intendant stolz, stehen in der Saison 2010/11 auf der Agenda, "noch mehr als in der letzten". Immer wieder geistert das Spielzeit-Motto "welt.eroberung" durch die Reden, ist von Globalisierung, Kampf der Religionen und Aktualität die Rede - so oft, dass man hoffen möchte, der fraglos notwendige Gegenwartsbezug werde nicht all zu penetrant und oberflächlich hergestellt.
An einem lässt die Spielzeit-Gala keinen Zweifel: Die populärste Produktion der nächsten Monate dürfte die Rocky Horror Show sein. Michael Ophelders' souveräner "Sweet Transvestite" und der herrlich schräge Riff Raff Michael Kargus lassen ahnen, dass die 20 angesetzten Vorstellungen nicht ausreichen könnten.
Zu alledem liefern die städtischen Philharmoniker einen gelungenen Soundtrack. Eine Spur zu feierlich-getragen vielleicht noch anfangs bei der Macbeth-Ouvertüre, aber ansonsten findet man für die unterschiedlichen Sparten und Stile den richtigen Ton - bis hin zum furiosen Finale mit dem Star-Wars-Filmthema von John Williams.
Am Ende verteilen Intendant, Generalmusikdirektor und Tanztheater-Chef am Ausgang Zeichnungsformulare für Abonnements. Gute Gründe haben sie an diesem Abend reichlich geliefert.