Niemandsland zwischen Mann und Frau

Bettemburg · Wie mag es sein, wenn man sich in seinem Körper fehl am Platz fühlt? Wenn man äußerlich ein Mann ist und sich doch als Frau empfindet? Der Luxemburger Schauspieler und Autor Jean-Paul Maes widmet dem Irrlauf zwischen den Geschlechtern mit "Vollmondbetrachtungen" ein eigenes Stück.

 Jean-Paul Maes als Cornelius/Cornelia. Foto: Kaleidoskop/R. Diederich

Jean-Paul Maes als Cornelius/Cornelia. Foto: Kaleidoskop/R. Diederich

Bettemburg. In Luxemburg kann man gar nicht so schnell hinschauen, wie neue Theaterspielstätten eröffnet werden. Eine der schönsten befindet sich im Schloss Bettemburg (nahe Esch/Alzette), wo die Theatergruppe Kaleidoskop eine Heimat gefunden hat. Das fast 300 Jahre alte Anwesen beherbergt die Stadtverwaltung und einen stimmungsvollen Theatersaal.
"Kaleidoskop" gruppiert sich um Jean-Paul Maes, Urgestein der Luxemburger Theaterszene und aus der Ära Kindermann auch als Gast in Trier ("Hexenjagd", "Romeo und Julia") in bester Erinnerung. Seit den Zeiten um die Jahrtausendwende besteht die freundschaftliche Verbindung zum damaligen Trierer Schauspielchef KD Köhler, den Maes nun als Regisseur für sein neues Stück "Vollmondbetrachtungen" engagiert hat.
Es geht um Cornelius, einen Deutschlehrer, der in milden Nächten Frauenkleider anzieht und auf Parkbänken den Vollmond betrachtet. Kein Transvestit, der sich aus Spaß verkleidet, sondern ein Transsexueller, der im (falschen) Männerkörper gefangen ist und sich nach einer Geschlechtsumwandlung sehnt.
Jean-Paul Maes spielt das außerordentlich anrührend, einfühlsam und ohne jeden Anflug von Tuntigkeit. Eine Nachtgestalt, melancholisch, bisweilen verzweifelt. "Warum muss Gott seine Laune ausgerechnet an mir auslassen?", fragt Cornelius, der Außenseiter. Einerseits verunsichert ob der Verständnislosigkeit seiner Umwelt, andererseits aber unbeirrbar in der Entscheidung, seinen Weg weiterzugehen.
Er freundet sich mit einem anderen Außenseiter an, dem jungen Andreas (Timo Wagner), der gerade die Schule geschmissen hat und seinen Platz in der Welt noch sucht. Der Lehrer und der Unbelehrbare, der Verlorene und der Verlierer: Da entsteht überraschenderweise eine zarte, anfangs von Misstrauen geprägte Notgemeinschaft.
Das hätte spannend werden können, aber der Autor Maes kann mit dem Darsteller Maes nicht recht mithalten. Die Nebenfiguren geraten arg holzschnittartig, die Sprache ist oft klischeehaft und papieren. Andreas\' Sprachschatz spielt sich zwischen "Weiß nicht" und "Fuck" ab, der Sportlehrer Meyer (Neven Nöthig), der Cornelius "enttarnt", kommt als reaktionäre Zack-zack-Knallcharge im Stil der 70er-Jahre-Paukerfilme daher. Die Schuldirektorin (Irmtraut Hetz), zufälligerweise auch Andreas\' Mutter, ist eine versoffene Nullcheckerin. Alles ziemliche Pappkamerad(inn)en. Zu wenig für dieses Thema.
Klaus-Dieter Köhlers Regie sorgt dafür, dass der Abend nicht lahmt, und er schafft Momente, die haften bleiben. Er verknüpft gekonnt den Titel des Stückes mit Musik, von Dvoráks "Lied an den Mond" aus "Rusalka" bis zum "Blue Moon" des Musical-Komponisten Richard Rodgers. DiL
"Vollmondbetrachtungen" ist am 12. und 13. Februar sowie am 20., 21. und 22. März jeweils um 20 Uhr zu sehen. Tickets und Infos: www.kaleidoskop.lu

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