Niobe lässt keine Wünsche offen

Luxemburg · Einen Leckerbissen für Kenner der Barockoper servierte das Grand Théâtre Luxemburg mit "Niobe, Regina di Tebe" von Agostino Steffani. Die Koproduktion mit dem Londoner Royal Covent Garden bescherte dem Publikum die Begegnung mit einer musikalischen Besetzung der Extraklasse.

 Countertenor Jacek Laszczkowski als Anfione. Foto: Veranstalter

Countertenor Jacek Laszczkowski als Anfione. Foto: Veranstalter

Luxemburg. (DiL) Hochmut kommt vor dem Fall. Diese Erfahrung macht mit erschreckender Konsequenz Niobe, die Königin von Theben. Ihre Überheblichkeit und Maßlosigkeit bestrafen die Götter, indem sie alle ihre Söhne töten. Ihr Gemahl Anfione bringt sich um, Niobe erstarrt zu Stein.

Regisseur Lukas Hemleb lässt der antiken Geschichte in all ihren Verästelungen ihren Lauf, erzählt sie zunächst eher bedächtig, in der zweiten Hälfte dann mit prächtigen Bildern. Er traut sich, auch die komischen Seiten der Tragödie auszuspielen - insgesamt eher gediegene Feinarbeit als große Interpretation. Raimund Bauer hat dafür einen düsteren Palast mit mächtigen Mauern konstruiert, in dem die fantasievollen, üppigen Kostüme von Andrea Schmidt-Futterer um so besser zur Geltung kommen.

Thomas Hengelbrock und das Balthasar-Neumann-Ensemble bringen die Partitur zum Leuchten, arbeiten die musikalische Charakteristik fein heraus. Véronique Gens dokumentiert in der Titelrolle, warum sie von Monteverdi bis Mozart weltweit zu den Gefragtesten ihres Fachs gehört: Sie singt nahezu makellos, mit einer präzisen Artikulation und einem ausgeprägten Gefühl für die Stilelemente der Barockmusik. Wie sie am Ende singend versteinert, ist ein Bild, das haften bleibt. Jacek Laszczkowski als Anfione bietet den extremen Kontrast: Ein Gesang auf Messers Schneide, nicht immer sicher gestützt, mit problematischen Anlauten. Aber kein Countertenor bietet eine vergleichbare Gefühlsintensität, eine derart überwältigende Wucht.

Das komplette Ensemble lässt nichts zu wünschen übrig, herausragend die Sängerinnen Amanda Forsythe und Delphine Galou. Eine Produktion auf europäischem Spitzenniveau.

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