Noblesse und Augenmaß der alten Schule

Im Alter von 83 Jahren ist der frühere Intendant des Theaters Trier, Rudolf Stromberg, nach langer Krankheit gestorben. Er leitete das Haus am Augustinerhof von 1981 bis 1991. Die "Ära Stromberg" prägte das Theater nachhaltig.

 Rudolf Stromberg prägte das Theater Trier. TV-Foto: Archiv

Rudolf Stromberg prägte das Theater Trier. TV-Foto: Archiv

Trier. Er war ein Intendant der alten Schule, einer, den die Mitarbeiter des Hauses als Vaterfigur empfanden. Die Interessen des Theaters vertrat er ohne Getöse, aber mit Hartnäckigkeit und Geschick, manchmal auch mit List. Ein hintergründiger Humor zeichnete ihn aus, und ein sicheres Gefühl für Stil, das in Kombination mit dem stets distinguierten Auftreten ein Flair von Noblesse im hektischen Theaterbetrieb verbreitete. Dass die "Ära Stromberg" vielen Stamm-Besuchern, aber auch langjährigen Theater-Mitarbeitern selbst nach fast zwei Jahrzehnten positiv in Erinnerung geblieben ist, hat sicher auch damit zu tun, dass der Intendant mit Oberbürgermeister Zimmermann und Kulturdezernent Blankenburg zwei kulturbeflissene Mitstreiter im Rathaus hatte, die ihm einen vernünftigen Arbeitsrahmen ermöglichten - selbst wenn der Stadtrat immer mal wieder einen moderaten Etat-Nachschlag genehmigen musste. Es lag aber auch daran, dass bei Stromberg das Maß aller Dinge nicht die Kritik in der "Opernwelt" oder "Theater heute" war, sondern die Zufriedenheit des Abo-Publikums. Ein Theater-Revoluzzer war er fraglos nicht, aber auch kein Verwalter der Kultur-Konvention. Die kontinuierliche Brecht-Pflege des gelernten Schauspiel-Regisseurs ist in nachhaltiger Erinnerung, und die Auseinandersetzung mit zeitgenössischem Theater fand auch in Trier statt - wenn auch seltener im Großen Haus als im Studio, das ihm eine später nicht mehr erreichte Blütezeit verdankte.Unter Stromberg, der neben Schauspiel und Theaterwissenschaft auch Gesang studiert hatte, gelang, was sich nach seiner Zeit als ausgesprochen schwierig herausgestellt hat: ein Gleichgewicht von Musiktheater und Schauspiel. Misstrauisch war er gegenüber allem, was außerhalb "seines" Hauses stattfinden sollte. Open-Air-Festspielen in antiken Stätten konnte er ebenso wenig abgewinnen wie Gastspielen in der Tufa oder anderen Szene-Orten. So konnte er seine Kräfte auf das Theater konzentrieren - was freilich auch dazu führte, dass wenig Kontakt zu potenziellen neuen Publikumsschichten zustande kam. Als er nach insgesamt 33 Intendantenjahren in Wilhelmshaven, Augsburg und Trier in Ruhestand ging, übte er sich, seinem Stil entsprechend, in vornehmer Zurückhaltung. Das Theater in Trier und anderswo behielt er nachhaltig im Blick - oft mit einer dezidierten, aber nie für die Öffentlichkeit bestimmten Einschätzung. Den Verein der Theaterfreunde unterstützte er mit Rat und Tat. Und er blieb mit seiner Frau Stammgast bei Theater-Premieren - auch, als es ihm gesundheitlich nicht mehr gut ging. Noch vor wenigen Wochen saß er auf seinem gewohnten Platz. Dieter Lintz

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