Nostalgie ist der Rausch der Gestrigen

Ihre größten Hits stammen alle aus den 80er-Jahren. Aber Sängerin Cyndi Lauper ist alles andere als ein kieksiges Sing-Fossil für den Ü-30-Abend. Das zeigte die New Yorkerin bei ihrem ersten Gastspiel in Luxemburg.

Luxemburg. (AF) Während des Telefonats mit einem Freund: Wie die Abendplanung aussieht, fragt er. Antwort: Konzert in Luxemburg, Cyndi Lauper. "Du gehst zu Cyndi Lauper?", wiederholt er. Aus dem Hintergrund dringt schallendes Lachen seiner Freundin. Das verwirrt. Klar weiß der durchschnittliche männliche Grundschüler der 80-er von Lehrerin Lauper, dass Mädchen und Frauen einfach nur Spaß wollen.

Aber was gibt es zu lachen, wenn man Cyndi über zwei Jahrzehnte später auf der Bühne sehen will? Nichts. Und doch viel. Das zeigt die 55-jährige bei ihrem Auftritt in Luxemburg im ausverkauften Atelier. Dort lässt sie erst mal ihr Publikum warten und setzt dann nach 50 Minuten zur ersten Zugabe an. Trotzdem liefert die New Yorkerin - nicht nur dank des exzellenten halbstündigen Zugaben-Blocks - eine Show ab, die nichts von dem ist, was man von Größen des Neon-Netzhemd-Jahrzehnts manchmal befürchten muss: Sie bleibt stilsicher, jederzeit unpeinlich, facettenreich. Dabei weiß sie auch, was das Publikum bei ihrer ersten Europa-Tour seit zehn Jahren erwartet: ein bisschen schrill darf es sein (Ihre Kleidung: buntes Hemd, rote Krawatte, schwarze Melone). Und das knappe halbe Dutzend Single-Erfolge von früher ist ohnehin ein Muss. Bemerkenswert ist dabei, wie gut Songs wie "She Bop", "All through the night" oder "I drove all night" den Staub der Jahrzehnte abhusten können. Wer mit Laupers Gesang vor allem ein Kieksen wie bisweilen bei ihrem größten Hit "Girls just wanna have fun" verbindet, verkennt sie dabei: Lauper hat eine markantesten Stimmen der Pop-Geschichte. Die funktioniert bei Balladen wie "Time after Time" oder der letzten Zugabe "True Colors" ebenso gut wie bei den Disco- und Dancefloor-beeinflussten neuen Stücken wie "Echo" oder "Into the Nightlife".

Eine knallbunte Mischung aus Rock, Pop und Disco - das passt bestens zusammen. So beschert Cyndi Lauper dem Publikum (zum größeren Teil Ü 30) einen spannenden, vielleicht etwas zu kurzen Konzertabend, der ohne fade Nostalgie auskommt.

Einziger Auftritt von Cyndi Lauper in Deutschland: 1. November in Köln (E-Werk)

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