Luxemburg. Das kleine Haus steht bescheiden und unauffällig an einer Straßengabelung in Luxemburg-Grund. Nur einer Tafel neben dem Eingang lässt sich entnehmen, was in diesem Gebäude vorgeht. INECC, das ist das Kürzel für Institut Européen de Chant Choral - Europäisches Institut für Chorgesang. Drinnen arbeiten zurzeit fünf Personen, an ihrer Spitze der künstlerische Direktor Camille Kerger. Kerger, auch ein angesehener Komponist, hat die Förderung des Chorgesangs auf seine Fahnen geschrieben. INECC wird von Staat und Stadt Luxemburg gefördert, versteht sich aber nicht als nationale Organisation, sondern hält sich offen für die Großregion.
Stolze 80 Projekte hat das Institut im vergangenen Jahr umgesetzt. Sein Konzept ähnelt einer Pyramide. An der Basis spricht das Institut chorinteressierte Laien an, richtet sich an Kinder und Jugendliche und führt soziale Projekte durch - Singen in der Psychiatrie, Sing-Angebote für ältere Menschen, auch für Arme und Obdachlose. Der mittlere Bereich umfasst künstlerische Arbeit im Chor, nicht zuletzt chorische Stimmbildung. Immerhin an die 500 Personen haben sich vergangenes Jahr in diesen Kursen eingeschrieben.
An der Spitze der Pyramide stehen die Workshops zur Weiterbildung von Chorleitern. Solche Kurse sind mit rund 15 Teilnehmern pro Kurs klein, aber anspruchsvoll. Außerdem ist der grenzüberschreitende Robert-Schuman-Chor, geleitet von Martin Folz, in der 35-seitigen Programmbroschüre präsent und kündigt dort seine nächsten Chorprojekte an. Mag sein, dass die Luxemburger in der Vergangenheit bei der Auswahl der Dozenten zunächst einmal an ihre Landsleute dachten. Mittlerweile ist das INECC-Dozententeam jedoch international und die Stimmung hervorragend. "Es macht Freude, hier zu arbeiten", sagt eine deutsche Gesangspädagogin.
Das INECC war auch federführend beim Symphonischen Chor der Großregion, der vor kurzem bei seinem Auftritt mit Beethovens symbolträchtiger Neunter in der Philharmonie ein grandioses Ergebnis einfuhr (Gesamtleitung bei der Probenarbeit: Jean-Paul Majerus). Die Idee war schon lange in den Köpfen. Aber erst im Kulturstadtjahr 2007 zeichneten sich konkrete Perspektiven ab. Mittlerweile hat der Chor nicht nur den Härtetest mit Beethoven bestanden, sondern plant weitere Projekte. Im März 2015 steht Orffs Oratorium "Carmina burana" an - in Luxemburg und dann zur Eröffnung des neuen Konzertsaals in der Pariser Cité de la Musique. Im Mai wird ein Auftragswerk des französischen Komponisten Jean-Louis Agobee zur Erinnerung an den Ersten Weltkrieg uraufgeführt. Im Dezember folgen "Die Planeten" von Gustav Holst und kurz vor Weihnachten wirkt der Chor beim "Chreschtconcert" in der Philharmonie mit.
Zwei bis drei Projekte sollen es jährlich werden. Für die Etablierung dieses Chors gibt es ohnehin gute Gründe. Kerger: "Beethovens Neunte nur mit Luxemburger Chören wäre nicht möglich gewesen." Mit der Strahlkraft nach Deutschland hapert es aber noch. Im Trierer Raum ist das INECC so gut wie unbekannt, jedenfalls bestehen kaum Kontakte. Insider vermuten Konkurrenzängste. Dabei könnten auch in Trier Chöre und Chorleiter von den INECC-Projekten profitieren. Camille Kerger macht sich dazu aber keine Illusionen. "Es ist eine Politik der kleinen Schritte. Man braucht einen langen Atem."
Am 14. Dezember tritt Kerger zunächst wieder als Komponist auf. Dann wird in der Philharmonie sein Klavierquintett uraufgeführt. Im Juni 2015 erklingt zum zehnjährigen Bestehen der Philharmonie seine Vokalkomposition "Abrasch" nach einem Text des Luxemburgers Nico Helminger.
INECC Luxembourg, 2, rue Sosthène Weis, L-2722 Luxembourg-Grund. 00352/26430481, <%LINK auto="true" href="http://www.inecc.lu" class="more" text="www.inecc.lu"%>