Ohne Ausweg

TRIER. Das Premierenpublikum im Trierer Cinemaxx ist mehrheitlich beeindruckt vom neuen deutschen Film "Der Untergang". Die Eichinger-Produktion versucht, die Atmosphäre der letzten Kriegstage im Berliner Führerbunker einzufangen.

Fast voll ist der große Kinosaal für die Premiere von "Der Untergang". Das Publikum ist gemischt: der Lehrer mit Schülern des Geschichtskurses, ältere Herren allein, Paare im mittleren Alter, Gruppen von Studenten, ein Jugendlicher trägt ein "Böhse Onkelz"-Shirt, ein anderer betritt das Kino mit frisch ausrasiertem Nacken.Die letzten Kriegstage im Regierungsbunker

Der Film beginnt 1942 und überrascht mit einem Witz: Die erste Sequenz zeigt Adolf Hitler (Bruno Ganz) als väterlichen Hundeliebhaber, der mit seiner Sekretärin Traudel Junge (Alexandra Maria Lara) Späßchen macht. Das Publikum lacht - aber nicht mehr lange. 1945, in den letzten Kriegstagen, befindet sich Hitler mit Vertrauten im Berliner Regierungsbunker. Draußen herrscht Krieg. Die russische Armee rückt näher. Die Grausamkeit der Schlacht sieht der Zuschauer mit den Augen eines kleinen Jungen, der durch die Stadt läuft: Greifkommandos töten Desertierte und angebliche Verräter, Kinder in Uniform üben Häuserkampf. Viele Zuschauer erschrecken aufgrund der apokalyptischen Szenerie, die mit deutlichen Bildern und Geräuschen dargestellt wird. Im Bunker flackert das Licht. Zwischen den Offizieren herrscht Streit über Kapitulation oder bedingungslose Loyalität zu Hitler. Bis zum Freitod reicht diese Treue. Zuschauer schütteln den Kopf und zeigen Unverständnis. Das Festhalten am Leben vor dem Untergang endet bei den Figuren in einer Sicht, in der die Zukunft sinnlos erscheint und der Suizid der einzige Ausweg ist. Hitler hat den Blick für die Realität verloren: Auf der Karte verschiebt er kaum noch existierende Divisionen, um die Russen zu schlagen, er befördert Militärs, die den Krieg aufgeben wollen. Hier wird auch vereinzelt gelacht: Der "größte Feldherr aller Zeiten" macht naive Kriegsspielchen. Kapitulation betrachtet er als "Verrat an meiner Person" und reagiert jähzornig und cholerisch. Weitsicht in Bezug auf sein eigenes Ende hat er immerhin: Er will in Berlin bleiben und "auf der Bühne sein, wenn der Vorhang fällt". Das Leiden der Zivilbevölkerung interessiert ihn nicht: "Mitleid ist eine Ursünde." Das wirkt auf den Betrachter brutal. Doch auch die private Seite Hitlers wird gezeigt: Er weint, als Speer ihn verlässt, streicht Eva Braun (Juliane Köhler) über die Wange. Vertrauten schenkt er Giftkapseln für einen Selbstmord. Die Ausnahmesituation ist für den Zuschauer greifbar: Offiziere und Angestellte betrinken sich, lachen, diskutieren über die sicherste Art, Suizid zu begehen. Im Kinosaal bleibt es bei diesen Szenen nahezu still. Sie sind absurd, könnten lächerlich wirken - wirken dennoch zu real, als dass gelacht würde. Goebbels Kinder singen "Kein schöner Land". In der grausamsten Szene des Films wird ihre Mutter (Corinna Harfouch) sie vergiften. Der Film endet und entlässt ein nachdenkliches Publikum.

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