Musikfestival Zeitgenössische Musik wird in Trier großgeschrieben

Trier · Opening 23: Das Internationale Festival für Aktuelle Klangkunst verspricht vom 3. bis 5. Februar neue Hörerfahrungen und -perspektiven.

Mabel  Yu-ting Huang  (links) und  Einat Aronstein    tragen beim   Opening  23  von   Gerhard Stäbler   vertonte Gedichte   von Paul Celan vor.

Mabel  Yu-ting Huang  (links) und Einat Aronstein   tragen beim Opening  23  von Gerhard Stäbler vertonte Gedichte von Paul Celan vor.

Foto: Tufa

Alle Musik war einmal zeitgenössisch. Was uns heute als Komposition vertraut klingt, war für die Menschen ihrer Entstehungszeit häufig sperrig, fremdartig oder sogar skandalös. Beethoven räumte zu Lebzeiten mit seiner Musik regelmäßig  Säle, und auch Mozart stieß mit seinem Werk nicht nur auf Zustimmung. Heute sind sie die unseren.

Musik entsteht wie alle Kunst in ihrer Zeit und aus ihrer Zeit. Notwendigerweise verändern sich dabei Klangverständnis und -erfahrung  ebenso wie Strukturen und Formensprache. Nicht zuletzt wirken sich technischer Fortschritt im Instrumentenbau und die Möglichkeiten der Digitalität auf die Klangtexturen und die Kompositionen aus.

Eben solche Entwicklungen hin in die Gegenwartsmusik und deren aktuellen Stand will das Trierer Festival Opening zeigen und dabei neue Hörerfahrungen und musikalische Erlebnisse ermöglichen. Zugegeben: Das kann schon mal unbequem, ja geradezu verstörend werden. Aber wer hat jemals gesagt, dass Musik grundsätzlich bequem sei, dazu bestimmt, uns als Klangtapete zu beschallen oder als sanftes Ruhekissen zu dienen. Kein Rocker oder Rapper käme auf die Idee. Aber auch, wer Franz Schuberts Streichquartette, Mozarts Klarinettenquartett, Bachs Toccaten  oder Gustav Mahlers Sinfonien hört (die Reihe kann endlos fortgesetzt werden), hat keine Ruhe, sondern wird tief im Innern erschüttert.

Bei zeitgenössischer Musik (und Kunst) müsse man mitdenken, ist ein anderer, ewig wiederholter Allgemeinplatz. Dabei ist Musik nicht in erster Linie intellektuelle Auseinandersetzung. Was sie aktiviert, ist höchstens die Vernunft des Gefühls. Man muss sich vor allem auf sie einlassen. Das gilt gleichermaßen für alte wie für die neue Musik des Opening Festivals. Und man muss neugierig sein auf neue Impulse und Unbekanntes und bereit sein zum  Dialog mit der Zeit durch die Musik.

Mit zehn Konzerten, darunter einige Uraufführungen, und einer  internationalen künstlerischen Besetzung wie etwa dem Starpianisten Mike Svoboda will das Festival  solche musikalischen Aufbrüche und Erfahrungen ermöglichen.

„Wir wollen die Brücke zur zeitgenössischen Musik schlagen und ihren aktuellen Stand aufzeigen“, erklärt Bernd Bleffert, der mit Thomas Rath das Programm verantwortet. Rückendeckung gibt es dabei von Kulturdezernent  Markus Nöhl. „Solche neuen Impulse sind nötig“, sagt der Kulturpolitiker. „Wir sind als Stadt Trier stolz, dieses Festival als eine der wenigen Initiativen für zeitgenössische Musik in Rheinland-Pfalz zu veranstalten.“

Nicht nur als Brückenschlag sondern auch als Echoraum der Pandemie begreift sich das Festival in diesem Jahr. In ihren Werken hätten die Komponisten auch ihre Erfahrungen der Corona-Zeit aufgearbeitet, sagt Bleffert.

Gleich mit einem Highlight, das bestens belegt, dass Neue Musik nicht allein ein paar abgedrehte Intellektuelle und musikalische Sonderlinge interessiert, beginnt das von der Tufa organisierte Festival. Das JugendEnsembleNeueMusik Rheinland-Pfalz/Saar  eröffnet Opening 23 am Freitag dort im Großen Saal mit einem Konzert unter dem Titel „Unanswered Questions“. Auch  das Luna-Quartett aus Amsterdam verspricht Hochspannendes mit seinem Doppelporträt des musikalisch ganz unterschiedlichen zeitgenössischen Komponistenpaars Gerhard Stäbler und Kunsu Shim. Während sich in Stäblers strenger Form expressive Emotionalität entlädt, ist Kunsu Shim ein Meister der Stille. Seine hochsensiblen freien Kompositionen erinnern  an Miles Davis´ Feststellung, nach der in der Musik das Wichtigste die Stille sei und der Klang nur ihr Mantel.

Brücken in die Gegenwart zu schlagen, heißt unumgänglich, sich der Vergangenheit bewusst zu bleiben. Zum Repertoire des Festivals gehört daher seit Jahren  Musik von Karlheinz Stockhausen. Der Rebell von einst ist längst ein Altmeister, sein in diesem Jahr aufgeführter „Tierkreis“ ein moderner Klassiker. Seit langem gehen in der zeitgenössischen Kunst Musik, Performance und Bildende Kunst zusammen. So wie beim kulturellen Brückenschlag, soll heißen beim japanischen Butoh Tanz von Sanae Kagaya, den Eva-Maria Houben am Klavier begleitet, oder beim spartenübergreifenden Tanz-Musik und Video-Projekt „Eikon“. Und auch die alljährliche Klangkunstausstellung Open-Expo öffnet die Grenzen der Kunstsparten. Dagegen schreiben Gerhard Stäblers Vertonungen von Gedichten von Paul Celan die alte Tradition des Kunstlieds fort. Gesungen werden sie von Einat Aronstein vom Theater Trier, am Klavier begleitet von Mabel Yu-ting Huang. Neue Musik als typischen Ausdruck ihrer Zeit sollen vor allem Jugendliche erfahren. Weshalb das Festival wie immer mehrere Workshops für Schülerinnen und Schüler anbietet. Spielorte der Konzerte sind die Tufa, die Viehmarktthermen, das Museum am Dom und das Angela-Merici-Gymnasium.

Zur Erfrischung, Begegnung und Gesprächen mit Künstlern und andern Klangkunst-Freunden lädt einmal mehr die Festival-Lounge in der Tufa ein. 

 Das Opening-Festival 23 läuft vom 3. bis 5. Februar in der Tufa in Trier. Tickets: Festivalpass (alle Veranstaltungen) 80/60 Euro, Tageskarte  Donnerstag, Freitag, Samstag oder Sonntag: 30/20 Euro, Einzelveranstaltungen 15/10 Euro.
Die Klangkunst-Ausstellung Open-Expo ist geöffnet Dienstag, Mittwoch und Freitag von 14 bis 17 Uhr, Donnerstag von 17 bis 20 Uhr sowie am Wochenende von 11 bis 17 Uhr.
Das komplette Programm  unter: www.tufa-trier.de

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