Optimisten-Treffen in der Arena

TRIER. Besonderes Erlebnis für das Trierer Publikum: Kinder-Liedermacher Rolf Zuckowski gab anlässlich der Landesgartenschau ein einmaliges Konzert in der Arena - obwohl er in diesem Jahr nicht mit seiner Band auf Tournee geht.

Dass Moselfestwochen-Chef Hermann Lewen zu Beginn seiner Veranstaltungen eine kleine Begrüßungsrede hält, ist Tradition. Aber wenn er sich dabei in erster Linie mit der Frage beschäftigt, wo im einzelnen wie viele Toilettenanlagen zu finden sind, dann muss es sich schon um ein ganz besonderes Publikum handeln. Stolze 3000 Besucher zählt Lewen, Rekord für die Festwochen-Saison 2004. Die Hälfte davon dürfte sich in der Altersgruppe U 8 befinden, und da kann die Frage nach dem nächsten WC schon mal von elementarer Bedeutung sein. Geht es nach der Lautstärke des Mitsingens, dann sind es nicht zwangsläufig die Kids, die sich an diesem Nachmittag für den Arena-Besuch entschieden haben. Die hellen Frauenstimmen dominieren im weiten Rund, da bedarf es gar keiner großen Aufforderung von der Bühne. Rolf Zuckowski hat wunderbare Lieder für Kinder geschrieben, das ist wahr. Aber das ist nur die Hälfte der Wahrheit. Mindestens ebenso sehr hat er Lieder für Erwachsene geschrieben, in deren Lebensmittelpunkt zumindest für eine bestimmte Zeit Kinder stehen. Ein "Optimisten-Treffen" nennt er sein Konzert gleich zu Anfang, und das trifft die Stimmung auf den Rängen. Der 56-Jährige besitzt wie kaum ein zweiter das Talent zur Ermutigung. "Ich schaff' das schon", lautet die Botschaft, die sich durch seine Lieder zieht. Und wie zum Beweis besteht die achtköpfige "Rolfs Freunde"-Band, die ihn souverän und mit "handgemachtem" Sound begleitet, überwiegend aus ehemaligen Kindern, die seit Jahren und Jahrzehnten mit ihm zusammenarbeiten. Und den "Stoff, aus dem die Zukunft ist", hat er ebenfalls mitgebracht: Eine fröhliche Truppe von Acht- bis Dreizehnjährigen übernimmt die Kinder-Gesangsparts. Die Kids im Publikum hätten es gerne noch etwas kindgerechter: Lautstark fordern sie ihre Lieblingstitel, die "Weihnachtsbäckerei" oder die "Jahresuhr". Da war die Ankündigung wohl nicht so ganz präzise: Eigentlich ist nicht in erster Linie ein Mitmach-Konzert für die Kleinsten geplant, sondern ein Abend unter dem Motto "Kinder werden groß". Aber Zuckowski wäre nicht Zuckowski, bliebe er stur bei seinem Konzept: Da schiebt er halt ein Medley mit Kurzversionen von Titeln ein, "die heute leider ausfallen müssen". Prompt ist die Stimmung auf dem Siedepunkt, und in der Arena setzt eine unermüdliche Kinder-Karawane in Richtung Bühne ein. Aber das ist auch ein bisschen die Crux des Hamburger Sängers: Da können seine Lieder übers Erwachsenwerden noch so schön sein, gefragt ist in erster Linie das Kindergarten-Repertoire. Auf diesem Sektor sind ihm echte, neue Volkslieder gelungen - wer kann das in Deutschland schon von sich behaupten? Bei den Nachbarn in Frankreich wäre er eine Ikone, hierzulande, wo der Platz des Volkslieds vom sumpfigen volkstümlichen Liedgut besetzt ist, sitzt er zwischen allen Stühlen. Für Schlager ist er zu engagiert, fürs Liedermacher-Publikum fehlt ihm die intellektuelle Attitüde, für Popmusik ist er auf eine angenehm-altmodische Weise zu ehrlich. Wozu auch gehört, dass er Themen wie Scheidung, Adoption, Krankheit nicht ausspart. Da bleibt nicht viel, was fürs populäre Radio- und Fernsehformat taugt. Aber dafür bleiben die Kinder und die Mamas und die Papas, wobei letztere in der Trierer Arena deutlich unterrepräsentiert sind. Vielleicht haben sie nach dem Schumi-Rennen den Absprung nicht mehr geschafft, oder sind nebenan bei der Eintracht hängen geblieben.Väter ballen sich am Popcorn-Stand

Die Väter, die da sind, ballen sich in der Pause am völlig überlagerten Popcorn-Stand - wenigstens eine kleine Chance, die klassische Rolle als tapferer Ernährer der Familie einzunehmen. Beim Mitsingen und dem Flattern mit virtuellen Engelsflügeln tun sich dagegen manche Herren der Schöpfung sichtlich schwer. Um so ausgelassener sind die Mütter - bisweilen sogar ausgelassener als ihre Sprösslinge. "Ich musste die Gelegenheit unbedingt noch mal ausnutzen, um mir Rolf anzuschauen - wer weiß, ob die Kinder nächstes Jahr noch wollen", sagt eine Mama. Aber keine Angst: Rolf Zuckowski ist inzwischen längst Großvater - man hört es auch schon mal am Themen-Repertoire. Einem Wiedersehen in der nächsten Generation steht also nichts im Weg.

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