Orgelmusik Was Louis Vierne besonders macht

Trier · Die Organisten von Konstantin-Basilika und Dom widmen dem Komponisten eine eigene Reihe.

 Kirchenmusikdirektor Martin Bambauer führt in das Werk von Louis Vierne ein.

Kirchenmusikdirektor Martin Bambauer führt in das Werk von Louis Vierne ein.

Foto: Martin Möller

Brillanter kann Orgelspiel kaum mehr sein. Martin Bambauer gab an der Eule-Orgel der Konstantin-Basilika in Trier dem Finale von Louis Viernes Orgelsinfonie Nr. 1, eine Virtuosität, Strenge und Intensität mit, die alle Besucher im Riesenraum von den Bänken riss. Dieses Konzert, das im Vierne-Projekt von Dom und Basilika den Charakter einer Eröffnungsveranstaltung hatte, räumte mit den verbliebenen Vorurteilen zu französischer Orgelsinfonik gründlich auf. Vierne und dazu in diesem Konzert Charles Tournemire erwiesen sich als Meister einer vielschichtigen, differenzierten und völlig unplakativen Tonsprache. TV-Mitarbeiter Martin Möller sprach dazu mit Kirchenmusikdirektor Bambauer.

Herr Bambauer, bitte erzählen Sie uns etwas von der Vorgeschichte des Vierne-Projekts. Wie ist es dazu gekommen?

MARTIN BAMBAUER Naja, am Anfang steht der Blick in den Kalender. Und man hat ohnehin die großen Jubiläen wie Beethoven schon auf dem Schirm. Aber wir als Organisten schreiben ja auch die Konzertprogramme. Und da sind bei uns immer einige Jubiläen präsent. Bei César Franck habe ich jetzt schon im Kopf: Da steht in zwei Jahren ein Jubiläum an – Franck wurde 1822 geboren. Und bei Vierne lief das ähnlich zwanglos ab. Man trifft sich, man redet miteinander.  Und dann wirft einer den Namen Vierne und das Geburtsdatum 1870 in die Runde. Außerdem hatten wir mit dem  Reger-Jubiläum 2016 sehr gute Erfahrungen gemacht. Da lag ein Vierne-Projekt nahe.

Was zeichnet Viernes Musik denn aus?

BAMBAUER Ich würde sagen: Er hat vor allem in der Harmonik die Tür weiter aufgestoßen als seine Lehrer César Franck und Charles-Marie Widor. Gleichzeitig hat er deren Tradition fortgesetzt und den Rahmen der Dur-Moll-Tonalität nicht wirklich verlassen. Aber seine Tonsprache ist durch die ausgeprägte Chromatik sehr verdichtet.

Warum haben Sie Charles Tournemire ins Programm aufgenommen und nicht ein weiteres Werk von Vierne gespielt?

BAMBAUER In erster Linie, weil Tournemires „Triple choral“ op. 41 eines der schönsten Orgelwerke ist, die ich kenne. Als ich das Werk vor vielen Jahren zum ersten Mal gehört habe, war ich hin und weg. Ich habe es damals binnen einer Woche einstudiert und bei einem kurz bevorstehenden Konzert das Programm noch zugunsten von Tournemire verändert. Jetzt wollte ich das Werk in einen größeren Zusammenhang bringen – alleine gespielt ist es vielleicht doch etwas schwer zugänglich. Und ich habe es ins Programm aufgenommen, weil ich das Werk einfach sehr liebe. Aber auch, weil Tournemire und Vierne viel miteinander zu tun hatten. Sie kannten sich, sie haben sogar gemeinsam bei César Franck studiert.

Domorganist Still und Sie werden bis zum  Sommer 2021  zahlreiche Kompositionen von Vierne  spielen. Steckt eine strenge Strukturierung dahinter, oder spielt das Prinzip Zufall mit?

BAMBAUER Eine besondere programmgestalterische Dramaturgie haben wir nicht dezidiert verfolgt. Es ging uns ja vor allem darum, die Zuhörer überhaupt mit Vierne bekannt zu machen.  Wir haben das gesamte Orgelwerk von Vierne aufgeteilt auf Gottesdienste und Konzerte. Und dabei überlegt, wie wir die Gastorganisten, die für unsere Konzertreihen eingeladen waren, einbeziehen können. Was die Werkabfolge angeht, ist das Programm eher bunt gemischt.

Die nächsten Konzerte im Vierne-Zyklus: 5.Juli, 17 Uhr, Abteikirche Prüm. Domorganist Josef Still mit Werken von  Franck, Widor, Schmitt und Viernes 3. Sinfonie; 19. August, 20.30 Uhr Konstantin-Basilika Trier. KMD Bambauer spielt Viernes Trierer Konzertprogramm vom 1. April 1921 in der Treviris.

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