Orgelzyklus mit 42 klingenden Stimmen

Trier · Wer St. Paulin in Trier tagsüber besucht, ist fast geblendet von der herrlichen Raumwirkung des barocken Gotteshauses. Im September findet in dieser opulenten Umgebung ein Orgelzyklus statt - zum ersten Mal.

 Volker Krebs an der Orgel in St. Paulin mit ihrem barocken Gehäuse. TV-Foto: Martin Möller

Volker Krebs an der Orgel in St. Paulin mit ihrem barocken Gehäuse. TV-Foto: Martin Möller

Foto: Martin Möller (mö) ("TV-Upload M?ller"

Trier. Orgelkonzerte können im Prinzip in jedem Raum stattfinden, in dem eine Orgel steht. Die Initiatoren des neuen Zyklus in der Trierer Pfarrkirche St. Paulin - der Förderverein Paulin und Regionalkantor Volker Krebs - haben allerdings ein gewichtiges Argument auf ihrer Seite: die eindrucksvolle Raumwirkung und die stilistische Einheitlichkeit des barocken Gotteshauses aus den Jahren 1734-1757. Trotz eines kleinen Umbaus fügt sich auch das Orgelgehäuse auf der rückwärtigen Empore völlig bruchlos ein in diese grandiose Räumlichkeit.
Barockes Outfit, neuer Klang


Ob das Instrument auch akustisch den optischen Glanz dieser Kirche nachvollzieht, steht auf einem anderen Blatt. In dem prächtigen Gehäuse, das übrigens wie die gesamte Kirche auf Barock-Baumeister Balthasar Neumann und seinen Schüler Johannes Seitz zurückgeht, finden sich 42 klingende Stimmen, verteilt auf drei Manuale und Pedal. Wobei das ursprüngliche Instrument von Romanus Nollet aus der Mitte des 18. Jahrhundert längst Vergangenheit ist und rund 100 Jahre später durch eine Orgel von Heinrich Breidenfeld ersetzt wurde, von dem auch die damalige Domorgel stammt.
1934 erweiterte die in Trier bestens bekannte Bonner Firma Hans Klais das Breidenfeld-Instrument um ein drittes Manual mit (damals) moderner Technik. Wobei unter Orgelfreunden immer noch strittig ist, ob diese Erweiterung ein Segen war oder doch eher ein orgelstilistischer Missgriff.
In diesem optisch glanzvollen und zweifellos auch akustisch ansprechenden Rahmen finden vom 1. bis zum 29. September fünf Konzerte statt, darunter eins mit der immer noch beliebten Besetzung Trompete/Orgel (Quentin Malchaire/Volker Krebs, 22. September). Die vier übrigen Konzerte verteilen sich auf heimische Interpreten (Volker Krebs, Klauspeter Bungert) und Gäste (Hans-Jürgen Kaiser aus Fulda und Ludwig Ruckdeschel aus Passau).
Und mindestens ein Programm ist außergewöhnlich: Klauspeter Bungert spielt sämtliche sechs Triosonaten des Kirchenmusikers, Komponisten und Musikpädagogen Adolf Kern (1906-1976). Kern war einer der Wenigen, die sich nicht von den Nazis korrumpieren ließen. Die sechs Trisonaten schrieb er zwei Jahre vor seinem Tod, im Jahr 1974.
Extra

… Volker Krebs, Regionalkantor. Herr Krebs, die Region Trier ist ja mit Orgelkonzerten reichlich gesegnet. Warum ein weiterer Orgelzyklus? Volker Krebs: Die Barockkirche St. Paulin ist ein außergewöhnlich schönes Bauwerk. Sie hat eine optisch eindrucksvolle und klanglich vielseitige Orgel. Wir wollen diesen herrlichen Raum, in dem schon oft Kirchenkonzerte stattfanden, auch für Orgelmusik öffnen. Worin wird sich der Pauliner Orgelzyklus von den anderen Orgelkonzert-Reihen unterscheiden? Krebs: Zunächst einmal durch das Instrument. Es hat einen ganz eigenen Charakter. Aber wir wollen vor allem die einzigartige Atmosphäre dieser Kirche nutzen. Ob sich die Programme dann von anderen unterscheiden, ist dabei gar nicht so wichtig. Wir werden auf jeden Fall nicht nur Standardprogramme bieten. Manche Beobachter sagen ja, dass sich im Gehäuse der Pauliner Orgel zwei Orgeln verstecken - die beiden Manuale aus dem 19. Jahrhundert und das Schwellwerk von 1934. Erleben Sie das als Organist genauso? Krebs: Zwei Orgeln in einem Gehäuse - das ist etwas überzogen. Aber das dritte Manual setzt im Gesamtklang doch deutlich einen romantischen Akzent. Problematisch ist das aus meiner Sicht nicht, weil eine gute Klangverschmelzung stattfindet. möExtra

Pauliner Orgeltage 2015, Konzerte jeweils Dienstag, 19.30 Uhr. 1. September: Volker Krebs mit Werken von Bruhns, Johann Caspar Ferdinand Fischer, Muffat, Honegger, Alain, Pärt und César Franck. 8. September: Hans-Jürgen Kaiser (Domorganist Fulda) mit Werken von Schumann, Bach, Rinck, Widor und einer Improvisation. 15. September: Klauspeter Bungert mit den sechs Triosonaten von Adolf Kern. 22. September: Quentin Malchaire, Trompete, und Volker Krebs, Orgel, mit Werken von Albinoni, Bach, Tomasi, Vierne, Lindberg, Bossi und Koetsier. 29. September: Ludwig Ruckdeschel (Domorganist Passau, Programm steht noch nicht fest). mö

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