Deutsche Punkrockband Neues Album von Pascow weit oben in den deutschen Charts - Schlagzeuger Oliver Thomé im Gespräch

Trier · Oliver Thomé - der Chef von Popp Concerts – ist nicht nur jenseits der Bühne gefragt: Seine Band Pascow gehört den erfolgreichsten Punkrockband Deutschlands. Mit dem neuen Album „Sieben" tourt er durchs Land, das Album liegt aktuell in den Top 5 der deutschen Charts. Wie der Trierer die Dreifachrolle Job, Band und Familie meistert, wie Corona die Branche verändert hat und wie er ein kleines Festival an der Mittelmosel zu lieben lernte.

 Oliver Thomé ist Chef von Popp Concerts und zugleich Schlagzeuger der erfolgreichen Punkrockband Pascow.

Oliver Thomé ist Chef von Popp Concerts und zugleich Schlagzeuger der erfolgreichen Punkrockband Pascow.

Foto: Andreas Feichtner

Oliver Thomé hat viele Hunderte Konzerte erlebt, das ist sicher noch maßlos untertrieben, aber wer zählt das schon. Auf der Bühne, als Schlagzeuger von Pascow, inzwischen seit einem Vierteljahrhundert eine Institution im deutschen Punkrock. Als Veranstalter bei Popp Concerts, in der ganzen Großregion. Und natürlich auch privat. Sein erstes Konzert, bewusst ohne Eltern? „Das war mit 14“, sagt er. „In St. Wendel.“ Im Besprechungszimmer von Popp Concerts in der Nähe der Arena Trier kommen schnell Konzerterinnerungen hoch. An der Wand hängen jede Menge Eintrittskarten aus über vier Jahrzehnten, bei den meisten davon hatte Popp Concerts die Finger im Spiel. In der Ecke: ein Standspiegel, der für die Künstler-Garderoben nicht mehr wirklich brauchbar ist, nachdem sich die 187 Strassenbande um Bonez MC und Gzuz darauf großflächig mit Edding verewigt hat.

Oliver Thomé: Veranstalter bei Popp Concerts und Schlagzeuger von Pascow

Mit 14 Jahren, ja, da sei er mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Alex zu Heinz Rudolf Kunze nach St. Wendel gefahren. Die Premiere, das schon, aber kein absolutes persönliches Highlight. Stärker in Erinnerung geblieben ist sein erstes Konzert in Trier, nicht viel später. „Da war ich mit meinem Bruder bei den Ramones in der Europahalle, das war 1993.“ Es war sozusagen ein Kurztrip aus dem nördlichen Saarland in die „Rock’n’Roll Highschool“ – um einen ziemlich trashigen Teenie-Film mit den Ramones zu zitieren. „Mein Bruder war damals noch 17 und durfte mit seinem Führerschein eigentlich nur zur Schule fahren.“

Veranstalter des Ramones-Konzerts war Popp Concerts, damals noch mit Namensgeber Ingo Popp als Chef. Drei Jahrzehnte später noch mal als Musiker in die volle Europahalle zurückkehren? Das wäre eine schöne Geschichte für die Brüder gewesen. „Wir hätten unsere Release-Show gerne in der Europahalle gespielt“, sagt Oliver Thomé, der bei Pascow Schlagzeug spielt. Alex ist Sänger und Gitarrist der Band. Die Band komplettieren Swen (Gitarre) und Flo (Bass). Das neue Album „Sieben“ ist am 27. Januar erschienen. Wie groß das Interesse an der Punkrockband im ganzen Land ist, zeigt schon eine Zahl: Knapp 5000 Vinyl-Alben wurden vorbestellt, die komplette Erstauflage. Und das obwohl die Band die großen Elektronikhändler und Amazon bewusst nicht einbezogen hatten – zu Gunsten kleinerer Läden. CDs werden in deutlich geringerem Rahmen verkauft, aber das ist inzwischen nicht nur im Punkrock wieder Standard. So schaffte es „Sieben“ in der ersten Woche auf Platz 5 der deutschen Albumcharts, hinter neuen Veröffentlichungen von Bob Dylan und Uriah Heep. Es ist bereits das zweite Album einer regionalen Band in diesem Jahr in den Top 5 - Anfang Januar stieg die Jupiter-Jones-Platte „Die Sonne ist ein Zwergstern“ auf Platz drei ein.

Warum es mit der Europahalle (noch) nicht geklappt hat? Zum Wunschtermin am 4. Februar war die Halle schon mit einer Karnevals-Gala belegt. Die wurde zwar zwischenzeitlich abgesagt – aber da war es schon zu spät. Stattdessen zog es Pascow in die längst ausverkaufte „Garage“ in Saarbrücken, die nicht viel kleiner als die Europahalle ist. Eine Zusatzshow ist auch schon angesetzt. Trier soll aber auch noch in absehbarer Zeit auf dem Tourplan stehen. In der Vergangenheit war das Exhaus eine der Lieblings-Locations der Band, die ein 400-Seelen-Örtchen im Kreis Birkenfeld auf die mediale Landkarte gebracht hatten. In Gimbweiler – wo Alex und Oliver Thomé einst wohnten – probt Pascow bis heute. „Wir versuchen, einmal die Woche zu proben“, sagt der Schlagzeuger. Er reist dann aus Trier an, Flo aus Saarbrücken, die anderen beiden aus St. Wendel. „Wir sitzen als Band zwischen den Stühlen“, sagt Thomé, Vier gebürtige Saarländer, die im Hochwald proben und die als Band in Trier angemeldet sind. „Trier spielt schon eine große Rolle“, sagt er. Im Messepark wurde auch das aktuelle Video zum Song „Himmelhunde“ gedreht, die Promo-Bilder (die es auch auf das Cover von Musikzeitschriften wie der Visions schafften) entstanden in der Arena und in Trier-West am „Treppchen“. Bei den Liveshows von Pascow ist aktuell auch die Triererin Hanna Landwehr als Gastsängerin dabei.

So entstand das neue Pascow-Album „Sieben“ (ja, es ist das siebte Album der Band): Auf dem Vorgänger „Jade“ ging es für Pascow-Verhältnisse eher experimentell zu – da wurde es mal ruhiger, etwa bei der Klavier-Nummer „Wunderkind“. „Das hat auch super funktioniert – aber wir wollten uns nicht wiederholen. Deshalb ist auf dem neuen Album auch keine Ballade drauf“, sagt Oliver Thomé. Die Corona-Zeit spiele zwar thematisch keine Rolle, aber sie habe Eindruck hinterlassen: „Wir wussten nicht, wann wir wieder Konzerte spielen können, wann es wieder weiter geht – das hört man auch: Wir geben Vollgas, voll auf die 12.“ Auch die Vorgehensweise sei anders gewesen als sonst: Am Anfang stand eine Songwriting-Session mit Kurt Ebelhäuser (Blackmail). Viele Songs seien danach im Studio in Koblenz entstanden.

Warum das richtige Timing alles ist: Das gilt nicht nur für den Schlagzeuger. „Es muss alles sehr gut geplant werden mit Arbeit und Familie. Wir brauchen einen langen Vorlauf“, sagt Oliver Thomé. Schließlich gilt für ihn wie für seine Bandkollegen: Auch wenn man am Wochenende noch vor 50.000 Zuschauern Shows mit den Toten Hosen oder den Ärzten spielt, geht’s montags wieder zur Arbeit. So gibt es bei Pascow auch keine Drei-Wochen-Tour am Stück – sie wird aufgeteilt auf lange Wochenenden. Das sei auch nicht immer einfach: „Es ist ein Kompromiss. Klar ist es manchmal schade, dass wird öfter Shows nicht spielen können, obwohl wir gerne würden. Aber wir müssen uns eben nicht krumm machen und haben zu 100 Prozent unsere künstlerische Freiheit.“

Als Veranstalter ist er abends ohnehin öfter unterwegs. „Und auf Tour bin ich zusätzlich weg neben der Arbeit“, sagt der Vater von zwei Kindern (10 und 6): „Da fallen die Telefonate auch nicht so leicht, wenn die Kids dich vermissen.“ Das klappe zwar alles gut – aber die Anzahl an Konzerten bleibt so übers Jahr gesehen überschaubar. Dabei ist Pascow ein sehr gefragter Live-Act: In diesem Jahr ist die Band wieder für zwei der größten deutschen Festivals gebucht. Im vergangenen Jahr lernte die Band auch ein kleines Open Air an der Mosel kennen – und sie war gleich schwer begeistert vom Fallig-Open-Air in Enkirch (Kreis Bernkastel-Wittlich): „Das war super, richtig schön, vor 800 oder 900 Leuten.“ Am Abend zuvor hatten sie noch im vollen Stadion in Kassel mit den Toten Hosen gespielt. In Enkirch war dann alles viel, viel kleiner, aber „total nett und liebevoll“: Dass die Backline der Band - die Instrumente und Amps - mit dem Traktor transportiert wird, erlebt man im Stadion auch eher nicht.

Wie sich die Branche entwickelt hat: Corona-Auflagen gibt es in diesem Jahr zwar nicht mehr, für Veranstalter gibt es aber – wie in anderen Branchen - ein anderes Problem. „Alles, was mit Personal zu tun hat, ist deutlich teurer geworden – so 30 bis 40 Prozent“, sagt Oliver Thomé. „Das lässt sich in dem Rahmen auch nicht auf die Kartenpreise umlegen. Es ist ja alles spürbar teurer geworden, das ganze Leben.“ Der Trend gehe dahin, „dass die großen Shows stabil laufen“: „Das lassen sich viele Leute nicht nehmen. Mittel- und langfristig leiden vor allem kleinere und mittlere Produktionen darunter.“ Dort werde eher gespart. In diesem Sommer veranstaltet Thomé wieder in Zusammenarbeit mit der TTM das Porta3-Festival vor der Porta Nigra. Das traditionelle Amphitheater-Open-Air pausiert in diesem Jahr voraussichtlich (der TV berichtete). Mehr Veranstaltungen als in den Vorjahren sind dagegen im Strandbad Losheim geplant – unter anderem mit Cro (25. August), Feine Sahne Fischfilet (26. August), AnnenMayKantereit (27. August), Alvaro Soler (29. August) und Fury in the Slaughterhouse (1. September). Auch das Open-Air-Gelände kennt Thomé schon seit seiner Teeniezeit in den frühen 90ern: „Damals spielten dort mit Phillip Boa und Sisters of Mercy zwei meiner Lieblingsbands.“

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