Poesie der Großstadt

Wittlich · Zum Veranstaltungsauftakt im neuen Jahr hat der Jazzclub Wittlich gleich eine Preziose präsentiert. Der in Malta geborene und in Paris lebende Jazzgitarrist Sandro Zerafa gastierte mit seiner französischen Band Urban Poetics und begeisterte 120 Besucher mit feinsinnigen Kompositionen.

 Als kreative, freudig und präzise zusammen spielende Band präsentieren sich die Urban Poetics um Gitarrist Sandro Zerafa in Wittlich. TV-Foto: Anke Emmerling

Als kreative, freudig und präzise zusammen spielende Band präsentieren sich die Urban Poetics um Gitarrist Sandro Zerafa in Wittlich. TV-Foto: Anke Emmerling

Wittlich. Beim ersten Konzert des Jazzclubs Wittlich nach der Winterpause wird es eng im Saal des Hotels Lindenhof. 120 Besucher treibt die Neugier auf eine Band hierher, die es in Deutschland noch zu entdecken gilt.
Ihr Kopf ist der künstlerische Leiter des Jazzfestivals Malta, Gitarrist Sandro Zerafa. Er hat in Malta und Lyon studiert, lebt seit 2000 in Paris und hat dort das Musiker-Kollektiv Paris Jazz Underground gegründet. Dem gehören auch die Mitmusiker seines Quintetts Urban Poetics an, das sich in Wittlich mit Titeln aus seiner dritten und neuesten CD "The Bigger Picture" vorstellt.
Was Zerafa, Pianist Laurent Coq, Bassist Yoni Zelnik, Drummer Fred Pasqua und Saxofonist Olivier Zanot bieten, ist ein vielschichtiger Hörgenuss, der von enormer Kreativität und ausgeprägtem Feingeist kündet. Kein Stück ist wie das andere, jeder Titel entwickelt sich unvorhersehbar und überraschend, jeder ist ein eigenes Universum.
In ausgeklügelten Gespinsten aus feinen Melodien und differenzierten Rhythmen scheinen sich Facetten eines Großstadt-Schmelztiegels abzubilden. Hier pulsierendes Leben, da getriebene Hektik, dort eine heitere Begegnung, dazwischen ein zärtlicher Moment. In diesem Spiel mit der Imagination sind Spannung und Entspannung fein ausbalanciert.
Komplexe Klangfülle und fesselnde Dynamik wechseln mit leisen lyrischen Linien. Besonders ist, dass dieser Reichtum an Ausdruck ohne Schnörkel und durch rein kollektive Leistung spielfreudiger und aufeinander eingehender Musiker erzeugt wird. Sie verzichten auf das übliche Jazz-Muster, sich in Solopartien als Virtuosen zu präsentieren, obwohl jeder von ihnen einer ist. Störender Zwischenapplaus entfällt dadurch. Und so lässt sich trefflich Musik genießen, die mit Raffinesse Intelligenz, Gefühl und Ästhetik vereint. ae

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