Antikes Stadttor und Welterbe Landesausstellung zu Porta-Nigra-Erbauer Marc Aurel bringt neue Sicht auf Trierer Geschichte

Trier · Lange Zeit galt die Porta Nigra in Trier als ein Protztor, bei dem die Römer aus purer Angeberei ihren Wohlstand in der antiken Metropole zur Schau stellten. Doch nun bezweifeln Forscher diese Sicht. Ihre neuen Erkenntnisse führen geradewegs in die nächste große Landesausstellung, die sich 2025 mit dem römischen Kaiser und Porta-Erbauer Marc Aurel befasst.

Porta Niga in Trier: Neue Erkenntnisse in der Landesausstellung zu Kaiser Marc Aurel
Foto: picture-alliance / dpa/Bruno Vandermeulen (Bild Kopf aus der Türkei) und Frank Mächler (Bild Modell Reiterstatue aus Bayern)

Wenn 2025 in Trier die nächste große Landesausstellung gezeigt wird, dann rückt sie auch ein Stück Stadt- und Regionalgeschichte in ein neues Licht. Im Mittelpunkt steht dann der römische Kaiser Marc Aurel (161-180 n.Chr.), dessen Herrschaft von Kriegen, Hochwasser und einer Seuche geprägt war, der aber vor allem berühmt wurde als Philosoph auf dem Kaiserthron. Der antike Geschichtsschreiber Cassius Dio urteilte, dass mit Marc Aurels Tod das Goldene Zeitalter endete und das rostige begann. „Das trifft es gut auf den Punkt“, sagt Marcus Reuter, Direktor des Rheinischen Landesmuseums in Trier. „Er war wirklich einer der vorbildlichsten und pflichtbewusstesten Kaiser – aber man kann gewisse Veränderungen einfach nicht aufhalten.“

Wie Bundeskanzler Olaf Scholz regierte Aurel in einer Zeitenwende, die damals sogar noch drastischer war als unsere Zeit heute. Nach einer langen Friedensperiode sind die Bewohner plötzlich Bedrohungen ausgesetzt, auch hier in Gallien, in der Provinz Gallia Belgica. Vor allem belgische Forscher hätten jüngst zahlreiche Zerstörungsspuren in römischen Siedlungen nördlich von Trier entdeckt, die von unruhigen Zeiten in den 160er Jahren zeugen, berichtet Reuter. Vor ihrem Hintergrund müsse man nun auch den Bau der Porta Nigra sehen, die als Teil der römischen Stadtmauer im Jahr 170 n.Chr. entstand. Hat Kaiser Marc Aurel die Porta also als Bollwerk gegen kriegerische Gefahren errichten lassen? Damit wäre die landläufige Auffassung eines angeberischen Luxustores in Friedenszeiten überholt.

Warum soll es eine Ausstellung zu Marc Aurel geben?

Wie kam es eigentlich zu der Entscheidung, in Trier eine Marc-Aurel-Ausstellung zu machen? Das habe sich logisch aus einer Reihe von Sachverhalten ergeben, erklärt Reuter. Dass Trier sich mit seiner römischen Vergangenheit profiliere, liege auf der Hand. Nach dem kulturgeschichtlichen Thema des „Untergangs“ sollte es wieder ein Kaiser sein, nach der Spätantike wieder ein Thema aus der frühen oder mittleren Kaiserzeit, also zwischen Augustus und dem Ende des 3. Jahrhunderts. Noch wichtiger aber: Das Projekt sollte einmalig sein, neue wissenschaftliche Erkenntnisse bringen und einen Bezug zu Trier haben. Bei allen früheren Landesausstellungen von Konstantin über Nero bis zum Untergang hätten Medien immer wieder wissen wollen, was denn eigentlich das Neue sei. All das sprach für Marc Aurel. „Es gab zu dem Kaiser noch nie eine umfassende Ausstellung.“

Warum nicht Augustus?

Wenn man Trier mit einem römischen Kaiser verbindet, dann ist es erstmal Augustus. Er hat die Stadt gegründet, hat ihr seinen Namen gegeben (Augusta treverorum) und 17. v.Chr. die Römerbrücke bauen lassen. Eine Bronzeplatte auf dem Viehmarkt würdigt den „Divo Augosto“, den „göttlichen Augustus“, an der Stelle, wo am Geburtstag des Kaisers (23. September) das römische Straßenraster seinen Ausgang nahm. Hätte eine Ausstellung zu ihm da nicht näher gelegen? Reuter verneint entschieden. „Augustus ist ein Thema, das ist ausgedroschen.“ Zu viele Ausstellungen habe es zu ihm bereits gegeben, zu wenige neue Erkenntnisse seien zu erwarten. Zudem sei keineswegs gesichert, dass er überhaupt in Trier gewesen ist. „Dass Augustus persönlich am 23. September 17 v.Chr. die Stadt hier vor Ort gegründet hat, lässt sich aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen. Dafür gibt es bislang nicht den geringsten Hinweis. Da ist wohl eher der Wunsch der Vater des Gedankens.“

Hoher Anspruch

Für eine Landesausstellung hingegen sieht sich der Museumschef in einer „gewissen Verpflichtung“, etwas „ganz Besonderes“ auf die Beine zu stellen. Etwas, „wo man sagen kann, das hat‘s so noch nicht gegeben, und das, was wir hier an Exponaten zusammenstellen, das werden wir wahrscheinlich die nächsten 30, 40 Jahre in der Form auch nicht mehr sehen.“

Welche neuen Erkenntnisse bringt Marc Aurel?

Fotos: So sieht die Porta Nigra in Trier im Innern im Detail aus
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Welterbe Trier Porta Nigra: So sieht das antike Stadttor im Detail aus

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Foto: David Kunz

So alt die Porta Nigra auch ist, so jung ist die Erkenntnis über ihr Alter. Denn erst seit Sommer 2017 gibt es den dendrochronologischen Beweis, dass die Stadtmauer im Jahr 170 n.Chr. im Bau war. In der Forschung tut sich also immer noch was. Und: „Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass dieses Projekt Porta Nigra von Marc Aurel persönlich genehmigt worden ist“, so Reuter. Wenn sich jetzt, wie für die Landesausstellung geplant, Belege für kriegerische Auseinandersetzungen und das Bedrohungsempfinden der Menschen im Umland finden lassen, dann wirft das ein neues Licht auf die Funktion des Stadttores, das dann doch kein reiner Prestigebau gewesen sein dürfte.

Der Kaiser bleibt populär

Wer Marc Aurel googelt, trifft zuerst auf exklusive Damenmode, auf hochwertige Stoffe, unaufgeregten Stil und überraschende Eleganz. Doch auch in Politik und Wirtschaft ist Marc Aurel bis heute populär. „Kaum ein Managerseminar in heutiger Zeit bezieht sich nicht auf Marc Aurel“, sagt Elisabeth Dühr, Direktorin des Stadtmuseums Simeonstift, das 2025 zusammen mit dem Rheinischen Landesmuseum die Ausstellung präsentieren wird. Dühr hat bereits ein umfangreiches Konzept für ihr Haus vorgelegt. Sie verweist auf Friedrich den Großen, Helmut Schmidt, Bill Clinton oder Moderator Harald Schmidt, die alle Aurel-Fans waren oder sind. Auch Boris Becker soll sich, als er kürzlich im britischen Gefängnis saß, mit philosophischen Weisheiten des römischen Kaisers Marc Aurel befasst haben.

Wie die Vorbereitungen laufen

Bis Ende 2023 wollen die Macher der Landesausstellung ihre Wunschliste an Exponaten erstellt haben. Bis dahin soll auch feststehen, welche Firma die Gestaltung der Räume übernimmt. Sie geht gerade in die Ausschreibung. Zweierlei ist jetzt schon klar. Die berühmte Reiterstatue aus Rom kann es in Trier nicht geben. „Wir kriegen die hier gar nicht ins Haus rein“, so Reuter. „Wir müssen bei allem, was wir jetzt anfragen, überlegen, passt es durch die Türen, passt es in die Aufzüge?“ Dafür haben die Trierer das Glück, selbst ein paar exklusive Stücke zu besitzen. Im Trierer Goldschatz befinden sich nämlich auch mehrere Münzen mit dem Bild Marc Aurels.

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