Prächtige Perspektiven

TRIER. Zu einer bemerkenswerten Leistungsschau geriet die dritte Auflage des Konzerts "Junge Solisten" im Theater Trier. Acht Nachwuchs-Künstler aus der Region brillierten, begleitet vom Philharmonischen Orchester, mit Auftritten in einem Spektrum zwischen hochbegabt und genial.

Eine solche Atmosphäre gibt es nur ein Mal jährlich im großen Saal des Trierer Theaters. Im Zuschauerraum herrscht mehr Aufgeregtheit als hinter der Bühne, besteht doch ein beachtlicher Teil des Publikums aus Verwandten, Nachbarn, Lehrern oder Klassenkameraden der Künstler. Man hält Ausschau nach Bekannten, taxiert, wer da ist, oder drückt still die Daumen für die Debütanten. Da tut die beruhigende Moderation von Dirigent Franz Brochhagen gut. Ebenso unspektakulär wie aufmerksam bereiten der Kapellmeister und seine Philharmoniker den Boden für eine sanfte Landung der jungen Künstler auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Für manche Orchestermusiker ist es doppelt spannend, wie für Hornistin Renate Wege, die ihre Schülerin Julia Braun aus nächster Nähe begleitet. Die 16-Jährige bringt mit einem Konzert von Franz Strauss die Farben ihres sperrigen Blechblasinstruments von melancholisch bis majestätisch schön zum Leuchten. Am entgegengesetzten Spektrum der Blasinstrumente bewegt sich Anna Libeaux mit ihrem Sopranino, einer winzigen, extrem hoch gestimmten Blockflöte. Virtuos tanzt die 16-Jährige durch die technisch anspruchsvollen, fast akrobatischen Allegro-Passagen aus Vivaldis Konzert, während im Largo noch eine Spur Tiefe fehlt. Umgekehrt bei der ein Jahr jüngeren Klarinettistin Katharina Adams: Da ist technisch noch nicht alles bis ins Letzte ausgefeilt, aber sie lässt Webers F-Moll-Konzert mit ihrem individuellen Zugriff regelrecht swingen. Das ist vielleicht das Schönste an diesem Konzert: Dass da trotz des jugendlichen Alters schon ausgeprägte Persönlichkeiten heranreifen, mit eigenem Stil - bis hin zur Art der Entgegennahme des Beifalls. Nicht alle sind dabei schon so cool wie der 13-jährige Geiger John Bui, der seinen Auftritt wegen der Sommerzeit fast verpasst hat, vom Frühstückstisch herbeieilt, mit traumwandlerischer Sicherheit auswendig Bachs A-Moll-Violinkonzert auf die Bühne zaubert, sich stilecht verneigt - und dem Konzertmeister die Hand schüttelt, als hätte er im Leben nie was anderes gemacht. Anders, aber nicht minder selbstbewusst: der 18-jährige Schlagzeuger Max Klein, der wirbelnd hinter seiner Kesselpauken-Armada zeigt, dass die Pauke keine Rhythmus-Maschine, sondern ein echtes Musikinstrument ist. Leiser, aber trotzdem intensiv: die Sopranistin Friederike Springer, die einer romantischen Arie aus der Oper "Elfenreigen" sensibel zur Welturaufführung verhilft und den anwesenden Komponisten Heinz Heckmann zu Jubel hinreißt. Nicht zu vergessen: Bariton David Ziegler, dessen Don Giovanni als wahrer Charmebolzen auftritt.Der Begriff "Wunderkind" drängt sich auf

Bleibt die Jüngste. Die 11-jährige Pianistin Salome Sanchez-Suska gehört eigentlich nicht mehr unter die jungen Talente, sondern ins Sinfonie-Konzert. Man scheut den Begriff "Wunderkind", aber er drängt sich in diesem Fall auf. Nicht wegen des perfekten Auftretens vom Abendkleid bis zu den grazilen Bewegungen. Das könnte geschickte Inszenierung sein. Auch nicht wegen der exzellenten Technik, dem virtuosen Beherrschen der Noten von Mozarts C-Dur-Klavierkonzert. Sondern, weil sie die Musik versteht, nuancenreich interpretiert, den Ton auch gegenüber dem Orchester angibt. Und weil sie das Stück nicht einfach bewältigt, was schon eine tolle Leistung wäre, sondern weil sie es prägt und gestaltet. Am Ende Ovationen für alle Beteiligten im zu zwei Dritteln gefüllten Haus. Eigentlich müsste es Wochen vorher ausverkauft sein, müssten sich Landräte, Kulturdezernenten, Musikschulleiter, Intendanten um die Plätze drängen bei dieser Exzellenz-Schau des musikalischen Nachwuchses der Region. Vielleicht nächstes Jahr.

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