Prinzen-Frontmann an der Mosel: Sebastian Krumbiegel begeistert mit Authentizität und Lebensklugheit

Bernkastel-Wehlen · Mit einer Mischung aus politischem Engagement, Ratgeber und Lebensklugheit begeisterte Sebastian Krumbiegel sein Publikum im vollen Saal des Weingutes S.A. Prüm in Bernkastel-Wehlen. Der Frontmann der "Prinzen präsentierte sich diesmal als nachdenklicher wie witziger Solist.

 Sebastian Krumbiegel. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Sebastian Krumbiegel. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Foto: Eva-Maria Reuther (er) ("TV-Upload Reuther"

"Das Schönste auf der Welt ist, mit anderen Menschen Musik zu machen", ruft er begeistert, und man glaubt`'s ihm aufs Wort. Überhaupt nimmt man Sebastian Krumbiegel alles ab, was er an diesem Abend vorträgt, wenn er seinem Publikum die Welt erklärt, die kleine, von den ganz privaten Gefühlen, und die große draußen, wo sich, wie der Sänger warnend feststellt, derzeit eine "unangenehme Kultur" mit Rechtsdrall ausbreitet und der Mob im Internet tobt.

Der Frontmann der "Prinzen", die sich früher "Herzbuben" nannten, ist eben absolut authentisch und zudem das, was man sich unter einem herzlichen Typ vorstellt. An diesem Abend ist er mit seinem Soloprogramm nach Wehlen ins Weingut S.A. Prüm gekommen. Der Saal ist voll, das Mehr-Generationen-Publikum bester Laune. Krumbiegels Stachelfrisur ist nicht ganz so stachelig wie sonst, und statt Klavier spielt er Keyboard. Aber auch da merkt man, was für ein guter Klavierspieler das einstige Mitglied des Leipziger Thomanerchors ist.

Aus dem Herzbube- und Chorknabenalter ist der studierte Musiker, der seinen Vornamen, wie er berichtet, vom großen Meister Johann Sebastian Bach hat, längst hinausgewachsen. Im Juni ist er 50 Jahre alt geworden, und da hat die Seele selbstredend schon jede Menge Schrammen, und das Herz so allerhand Puffer ausgehalten. Versteht sich, dass der Mann aus dem "coolen Leipzig" erst mal mit einem Lied dem eigenen Herzen ins Gewissen redet. Locker vom Hocker plaudert der Popmusiker zwischen seinen Liedern. Witzig ist er und dabei nachdenklich.

"Als Klavierspieler des Jahres" nimmt er die eigene Branche und die zeitgeistige Preis-Manie aufs Korn. Mit einem wohltuenden Schuss Selbstironie verhandelt er die kleinen und großen Katastrophen der Liebe. Von geradezu wunderbar spröder Zärtlichkeit ist er, wenn er gesteht: "Für einen Blick von dir" oder wenn er "Zurück ins Paradies" will. Als Hommage ans große Vorbild Udo Lindenberg erklingen dessen "Cello" und die "Rock'n' Roll Arena in Jena". Überhaupt hören sich manche von Krumbiegels Liedern an wie die des Hamburger Altmeisters.

Richtig ernst wird es, wo der politische Krumbiegel zu Wort kommt, der sich als sogenannter Linker mutig gegen "rechts" in Initiativen wie "Gesicht zeigen" und anderswo als gesellschaftlicher Störungsmelder engagiert.

"Mein rechter, rechter Platz ist schon lange nicht mehr leer", warnt sein Lied in Anlehnung an ein Kinderspiel. Nazi-Gewalt hat der Musiker bei einem Überfall schließlich am eigenen Leib erfahren. Das Trauma sitzt tief. Der umtriebige Sachse bleibt dennoch ein unermüdlicher Aktivist und Mutmacher ("keine Zeit für dicke Tränen, keine Zeit für Depression") in Sachen Solidarität und bessere Welt. Weil der Mann, für den Musik ein "Transportmittel ist, die eigene Meinung zu sagen", so absolut ehrlich rüberkommt, nimmt man nicht nur seinem "Glaubensbekenntnis", sondern auch seinen anderen Liedern, die eine Mischung aus Ratgeber, Lebensklugheit und Populärphilosophie sind, unbedingt die Sorge um die bedenklichen Zustände dieser Zeit ab. Irgendwann heißt es dann auch in Wehlen "Vorbei ist vorbei"- das Publikum mag noch so protestieren. Aber Krumbiegel, der zum zweiten Mal an der Mittelmosel ist, ist weise genug zu erkennen: So lange zu singen, bis die Zuhörer von selbst gegangen sind, macht keinen Sinn.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort