Publikum übt Porno-Dialoge

TRIER. Mit seinem elften Bühnenprogramm "Alles was ich liebe" tritt Jürgen von der Lippe am 3. März in der Trierer Europahalle auf. Mit dem TV sprach er über neue und alte Witze.

 Seit 30 Jahren im Showgeschäft: Jürgen von der Lippe. Foto: TV-Archiv

Seit 30 Jahren im Showgeschäft: Jürgen von der Lippe. Foto: TV-Archiv

Ihr neues Bühnenprogramm soll "ungehemmt" ablaufen, Sie lassen die Zuschauer sogar Porno-Dialoge - rückwärts - einstudieren. Ist von der Lippe jetzt ab 18?Jürgen von der Lippe: Ach was. Das Sexuelle spielt in meinem Programm eine Rolle, so wie es immer eine Rolle spielt. Ich sehe dieses Thema als ganz normales Handwerkszeug. Es gibt kein Comedy-Programm ohne Tabu-Verletzung. Damit erzielt man die größtmögliche Wirkung. Eine gewisse Frivolität war Ihnen ja auch noch nie fremd.Von der Lippe: Natürlich nicht, das liegt in der Natur der Sache. Hätten Sie Peter Paul Rubens früher gefragt, warum er mollige Frauen malt? Die Ehe gehört zu Ihren Hauptthemen. Biografie oder reine Fantasie?Von der Lippe: Das Zusammenleben zweier Menschen ist doch immer eine maßgebliche Quelle für einen Comedian. Die Erlebnisse eines Eremiten sind eben nicht so interessant wie die Dinge, die jemandem widerfahren, der Freud und Leid mit einem Partner teilt. Das Mitgefühl des deutschen Fernsehpublikums war Ihnen sicher, als Sie in Ihrer Show "Extreme Activity" neulich die furchtbar falsch singende Verona Feldbusch auf der Gitarre begleiten mussten. War dieser Moment geplant?Von der Lippe: Nein, war er nicht. Man kann in dieser Show nicht von vornherein genau festlegen, was wann wie mit wem geschieht. Gerade Shows wie "Extreme Activity" oder früher "Donnerlippchen" mit ihren sehr hohen Prozentsätzen an Klamauk und Slapstick scheinen doch Gegensätze zu Ihren Bühnenshows zu sein, die auf Wortwitz und Eloquenz beruhen.Von der Lippe: Aber gerade "Extreme Activity" ist doch ein sehr wortlastiges Format. Die Kandidaten müssen erklären, definieren, kommunizieren. Diese Basis hatten auch Klassiker wie die Montagsmaler. Jürgen von der Lippe war 1976 Mitbegründer der Gebrüder Blattschuss, hatte solo aber nur einen wirklich großen Hit. Und seit "Guten Morgen, liebe Sorgen" sind auch wieder 20 Jahre vergangen. Kommt da noch was?Von der Lippe: Ich singe heute nicht mehr oder weniger als früher. Auch das neue Programm besteht zur Hälfte aus Liedern. Ob eines davon ein Hit wird oder nicht, habe ich bedauerlicherweise absolut nicht in der Hand. Zwei Ihrer beliebtesten Figuren auf der Bühne sind Udo Lohmeier, Ihr Erzfeind aus Kindertagen, und der Postler Hubert Lippenblüter. Gibt es die beiden noch?Von der Lippe: Wenn Figuren so alt sind, stoßen sie an ihre Grenzen, und gerade diese beiden sind sehr alt. Man will ja schließlich nicht, dass jemand die Show sieht und sagt: "Jetzt macht von der Lippe zum x-ten Mal den Udo Lohmeier, fällt dem denn nichts Neues ein?" Außerdem trägt Hubert Lippenblüters sauerländischer Akzent nicht bundesweit. Es heißt, Ihre Bühnenshows seinen absolut präzise choreografiert und durchgeplant, sogar die einzelnen Atempausen seien festgelegt.Von der Lippe: Es ist nicht ganz so extrem. Es gibt einzelne Stellen, die choreografiert werden müssen. Das ist es aber auch schon. Es gibt Kollegen, die ihre Shows von einem Regisseur gestalten lassen. Ich habe nie so gearbeitet. Das Publikum ist der Regisseur. Wenn man auf der Bühne merkt, dass etwas offenkundig nicht funktioniert, muss man es abändern können. Um dergleichen zu vermeiden, mache ich vor einer Tour immer Testauftritte im kleinen Rahmen. Das Gespräch führte TV-Redakteur Jörg Pistorius.

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