Pure Spielfreude

Echternach · Er ist ein Star im Klassikbetrieb, aber keiner für die Massen: Daniel Müller-Schott hat sich für diese Saison vom Festival Echternach verabschiedet. Nach zwei Konzerten und einer Meisterklasse im Mai gab er nun ein Konzert mit dem Lithauischen Kammerorchester.

 Zaubert schwierigste Läufe auf die Saiten und beeindruckt durch sein feinsinniges Spiel: Weltklasse-Cellist Daniel Müller-Schott in Echternach. Foto: Willy de Jong

Zaubert schwierigste Läufe auf die Saiten und beeindruckt durch sein feinsinniges Spiel: Weltklasse-Cellist Daniel Müller-Schott in Echternach. Foto: Willy de Jong

Foto: (g_kultur

Echternach. Spielfreude. Ronaldo & Co. haben offenbar vergessen, was das ist. Während sie sich vor den portugiesischen Fans über den Flachbildschirm im Echternacher Café an der Basilika schleppen, zeigt ihnen ein anderer gleich nebenan, im Trifolion, dass er davon zur Genüge hat: Daniel Müller-Schott, Cellist von echter Weltklasse.
Seine Spielfreude hört und merkt man. So legt er wenige Sekunden vor dem Allegro molto von Haydns Cellokonzert in C-Dur ein breites, verschmitztes Lächeln auf, um dann, immer noch grinsend, die Augen zu schließen und zusammen mit dem Lithauischen Kammerorchester (Dirigent Sergej Krylov) loszulegen. Er zaubert schwierigste Läufe auf die Saiten, technisch brillant, feinsinnig, ohne martialische Anwandlungen in Gestik und im musikalischen Ausdruck, die im modernen Konzertbetrieb eventuell für mehr Schlagzeilen sorgen könnten. Der Münchner braucht keine zerbeulte Jeans, keine langen Haare und kein betont lockeres Auftreten, um locker zu sein. Alles tut er mit einer Selbstverständlichkeit, die Allüren von vorneherein ausschließt. Was er bereits 2015 in einem Interview formuliert hat ("Inhalte sollten in diesem Beruf auf jeden Fall immer das Wichtigste sein. Es muss um die Musik gehen, es muss Ideale geben - und dafür stehe ich"), bedarf keiner Worte. Er transportiert es. Und so bedankt sich der 39-Jährige, der etwa 300 Konzerte im Jahr gibt, am Ende seines Auftritts mit den Litauern, nachdem er Maurice Ravels "Habanera" als Zugabe gespielt hat, bei der Festivalleitung und allen Beteiligten für die Zeit in Echternach. "Die Konzerte und die Zeit hier waren eine pure Freude, das Lehren, das Unterrichten, die Konzerte."
Zwei Zugaben


Man ahnt, dass auch die Festivalleitung mit der Entscheidung, den Cellisten nach Echternach zu holen, einen guten Griff gemacht hat. Als "Artist in Residance" gab er zwei Konzerte und einen Meisterkurs im Mai. Nun nimmt er mit einem letzten Konzert Abschied. Verschwindet hinter der Bühne und überlässt den Kollegen vom Lithauischen Kammerorchester das Feld, die Nino Rotas Konzert für Streicher (1964) und Pjotr Iljitsch Tschaikowskys Serenade für Streicher in C-Dur, opus 48, so darbieten, dass das Publikum noch zwei Zugaben verlangt.
Der bekennende Fußballfan Müller-Schott hat in der Pause zuvor noch draußen Autogramme gegeben - nicht an schreiende Groupies, sondern an Fans seiner Kunst. Er ist eben kein Ronaldo. Und deshalb immer spielfreudig.

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