Trier Aufwendige Bühnenshow: 1200 Zuschauer bei Konzert von Radio Doria (Fotos)

Trier · Zwei Seiten – so heißt das aktuelle Album von Radio Doria – hatte auch der Konzertabend in der Trierer Europahalle. Ein Feuerwehreinsatz ließ die Fans zunächst um den Einlass bangen. Mit einer Reim-Session und Gorillaklängen hielt der Abend dennoch einige Überraschungen bereit.

 Radio Doria während ihrer Akustik-Reim-Session: Schlagzeuger Timon Fenner, Sänger Jan Josef Liefers, Gitarrist Jens Nickel und Gunter Papperitz (Tasteninstrumente).

Radio Doria während ihrer Akustik-Reim-Session: Schlagzeuger Timon Fenner, Sänger Jan Josef Liefers, Gitarrist Jens Nickel und Gunter Papperitz (Tasteninstrumente).

Foto: TV/Jasmin Wagner

Große Leinwand und Showtreppe: Noch bevor Jan Josef Liefers mit seiner Band Radio Doria die Bühne betritt, ist klar, dass dieses Konzert vor rund 1200 Menschen in der Trierer Europahalle anders wird. Nicht nur, weil sich der Konzertbeginn wegen des Einsatzes zweier Löschzüge leicht nach hinten verschoben hatte. Eine defekte Deckenlampe hatte einen Brandgeruch ausgelöst. Sondern anders auch als der erste Auftritt von Radio Doria in der Region. Vor mehr als zwei Jahren machte die Band auf der Tour zu ihrem ersten Album „Die freie Stimme der Schlaflosigkeit“ Station beim Krimifestival Tatort Eifel im Gerolsteiner Lokschuppen. Der Auftritt damals war vergleichsweise reduziert und von Akustikversionen geprägt.

Dieses Mal in der Europahalle gibt es mehr Showelemente: Animationen auf der Leinwand, rote Koffer als Requisiten, auf denen die Band später trommelt, eine Choreographie, ein einheitliches Bühnenoutfit in Form von schwarzen Overalls.


Doch kommt dabei die Musik zu kurz? Leidet die Authentizität? Ganz klar: nein! Die Band versteht ihr musikalisches Handwerk, der ganze Abend folgt einer Dynamik, die nicht einstudiert wirkt, sondern eine eigene Sprache spricht.


Alles beginnt mit den ruhigeren Songs („Abendlied“, „Eigentlich“). Liefers schaut immer wieder suchend ins Publikum, wirkt noch etwas unsicher. Doch mit „2 Seiten“, dem Titelsong des Albums, nimmt das Konzert Fahrt auf. Im weitesten Sinne gehe es in dem Album um das Reisen, sowohl körperlich, als auch im Kopf. Und natürlich darum, dass alles im Leben zwei Seiten hat: „Ich habe das Gefühl, dass unser Land in zwei Seiten zerfällt“, sagt Liefers – und meint damit Merkels Flüchtlingspolitik und die daraus entstandene Protestbewegung.

 Ganz intensiv im Moment: Jan Josef Liefers in der Europahalle.

Ganz intensiv im Moment: Jan Josef Liefers in der Europahalle.

Foto: TV/Jasmin Wagner

Der Ton in Deutschland habe sich verändert. Gerade zu dieser Zeit habe die Band eine „Pop-Platte voller guter Laune“ als eine Art Gegenpol machen wollen. Ein Album als ganz eigene Friedensbewegung.

Fotos: Radio Doria in Trier
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Radio Doria in Trier

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Die Band entscheidet sich, eine Reise zum vermeintlichen Feindbild, dem Islam, zu unternehmen und fliegt in den Iran. Schnell wird den Bandmitgliedern klar, dass das vorherrschende Bild des Staats mit seinem theokratischen politischen System wenig mit den Menschen und deren Lebenseinstellung gemein hat. Das sei eine ähnliche Diskrepanz zwischen Staat und Lebenswirklichkeit wie damals in der DDR gewesen, meint Liefers, der 1964 in Dresden geboren wurde.

Mit seinem schauspielerischen Talent und seinem Sinn für Humor gelingt es Liefers mit dem Publikum zu interagieren und Nähe zu schaffen: So leitet er beispielsweise eine Ballade mit der Imitation eines Gorillas ein oder hakt sich spontan bei einer Frau unter, die gerade zurück von der Toilette in den Saal kommt: „Als ich in deinem Alter war, brachte man die Frauen noch nach Hause, wenn man mit ihnen fertig war.“ Die Nähe nimmt später auch räumlich zu, als der bestuhlte Saal beim tanzenden Publikum vor der Bühne eher zur Nebensächlichkeit wird.

Den Akustik-Block leitet die Band, versammelt in einer Stuhlreihe am Bühnenrand, mit einer auf Trier abgestimmten Reim-Session ein. So mancher Poetry-Slammer wäre vor Neid erblasst. Die fünf Musiker sind bekennende Freunde flacher Wortspiele („da ist nichts unter unserer Würde“) und schon geht es los mit dem „Trierathlon“. Auf Zuruf des Publikums wird dann „trierniert“: „Das Brandenburger Tor kommt hier gar nicht vor – viel älter und beliebter ist eure Porta Nigra.“ Auch Saarbrücken und Erich Honecker, die wenig römische Pizza in Trier sowie Guildo Horn und der Tennisspieler Eric Jelen bleiben nicht verschont. Spätestens jetzt hat die Band das Trierer Publikum auf ihrer Seite.

Die Reim-Session schließt Liefers mit „vielen Dank für euren Besuch bei unserem Trier-Versuch.“ Bei einem Versuch wird es sicher nicht bleiben – als eines der ersten Konzerte der Tour dürfte Trier stimmungsmäßig sehr weit vorne gewesen sein. Radio Doria wird sicher den „Trierathlon“ fortsetzen. Anregung für das nächste Trier-Konzert: In „Sehnsucht Nr. 7“ muss es „Dann machen wir Liebe bis morgens … in Trier!“ heißen.

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