Rätselart mit neun Buchstaben

Rautenförmig und mit insgesamt 31 Fragen erschien vor genau 100 Jahren, am 21. Dezember 1913, in der New York World das erste Kreuzworträtsel. Die Zeitung ist lange eingestellt, die Wortspielereien sind immer noch beliebt.

Englisch für Spaß Fun: Mit diesen drei Buchstaben beginnt eine knifflige Erfolgsgeschichte, die nun schon 100 Jahre währt. Am 21. Dezember 1913 erschien das erste Kreuzworträtsel der Welt - in der Weihnachtsbeilage der Zeitung New York World. Gesucht wurden exakt 31 Begriffe. Lediglich das Wörtchen "Fun" prangte bereits in dicken Lettern in der oberen Hälfte des rautenförmigen Ratespaßes. Verglichen mit dem angeblichen Rekordhalter von 1985 mit mehr als 2,6 Millionen Kästchen ein überschaubares Vergnügen. Ausgedacht hatte sich die Knobelei der aus dem englischen Liverpool stammende Journalist Arthur Wynne. Anderes Wort für Vergangenheit Geschichte: Vorbild für Wynnes Rätsel waren die sogenannten magischen Quadrate, bei denen, so steht es im Brockhaus, "die Wörter in der Senkrechten und in der Waagerechten übereinstimmen". Das Ganze gab es auch in einer mathematischen Variante: Hier ging es darum, in jeder Zeile, egal ob längs, quer oder diagonal, zu derselben Summe zu kommen. Dafür begeisterte sich schon der Renaissance-Künstler Albrecht Dürer. Ein magisches Quadrat mit der 33, dem Lebensalter Christi, als Summe findet sich an der Fassade der berühmten spanischen Basilika Sagrada Familia in Barcelona. Der Grundidee des Kreuzworträtsels folgt übrigens auch das Spiel Scrabble, das ebenfalls von den USA aus ab den 1930er-Jahren seinen Siegeszug um die Welt antrat. Tötungsdelikt mit vier Buchstaben Mord: Für dunkle Flecken sorgen bei manchen Kreuzworträtseln die Blindkästchen, mit deren Hilfe Leerstellen zwischen den Wörtern kenntlich gemacht werden. Der "Kreuzworträtselmord" zählte zu den berühmtesten Kriminalfällen in der DDR. 1981 wurde an der Bahnstrecke Halle-Leipzig ein Koffer mit einer Jungenleiche entdeckt - zusammen mit mehreren ausgefüllten Kreuzworträtseln. Um den Täter dingfest zu machen, werteten die Ermittler über eine halbe Million Schriftproben aus. Die Spur führte nach neun Monaten zu einer offenbar rätselbegeisterten Frau, deren Tochter mit dem Mörder liiert war. Stagnation am Markt Absatzstockung: Die ist, was Rätselzeitschriften angeht, laut Angaben des Branchenprimus\' Deutscher Rätselverlag (drv) nicht in Sicht. Geschäftsführer Bernd Koophamel spricht von einer "unverändert stabilen Lage". Etwa 42 Millionen Bundesbürger greifen zumindest gelegentlich zu einem Rätsel; etwa 13 Millionen zählt der Branchenkenner zum "harten Kern", an den sich auch die 60 Titel des Hauses richten. Vor allem ältere Semester der "Generation 50 plus" trainieren auf diese Weise ihre grauen Zellen. Ein Grund, warum vor allem die Klassiker trotz des Sudoku-Booms weiter gefragt sind. Englisch für "Steckenpferd" Hobby: Ungeachtet aller Computer-, Tablet- und Smartphone-Spielereien hat sich das gute alte Kreuzworträtsel bis in die heutige Zeit behauptet, stellt auch Ulrich Voigt aus Freiburg fest. Das zeige sich auf jeder Zugfahrt. Der Vorsitzende des Vereins Logic Masters Deutschland hat mit seinen etwa 150 Mitstreitern allerdings die Ebene des bloßen Zeitvertreibs längst hinter sich gelassen. Spezialität des Vereins sind weniger die Kreuzwort- als vielmehr die sogenannten logischen Rätsel. Als inzwischen neunmaliger Weltmeister auf diesem Gebiet sucht Voigt die Herausforderungen jenseits der gängigen Magazine und Knobelspalten in den Zeitungen. Anspruchsvolle Naturen wie er werden auf Blogs und Foren im Internet fündig. Zum Lösen wählt der Ratefuchs dann allerdings die klassische Variante: Ein Ausdruck auf Papier samt Bleistift und - ganz wichtig - ein Radiergummi zum Ausbessern sind sein Handwerkszeug. Und so vereinen sich 100 Jahre nach dem ersten Kreuzworträtsel analoge und digitale Welt: Schluss mit vier Buchstaben Ende. Das große TV-Kreuzworträtsel finden Sie heute auf Seite 36.Extra

... Will Shortz (Foto: dpa), seit 20 Jahren Chef des wohl anspruchsvollsten und beliebtesten Kreuzworträtsels der Welt in der New York Times. Wie kommen die Rätsel in die Zeitung? Will Shortz: Sie kommen von Zulieferern. Pro Woche bekomme ich 75 bis 100 Rätsel zugeschickt, die schaue ich mir alle an. Die Rätsel, die ich akzeptiere, überarbeite ich dann noch, meistens ändere ich so die Hälfte der Fragen. Was fasziniert Sie an Rätseln? Shortz: Ich liebe Wörter und Sprache und durch die Recherche für die Rätsel lerne ich immer was. Außerdem komme ich so mit sehr spannenden Menschen in Kontakt, sowohl mit den Rätsellösern als auch mit den Rätselmachern. Woher nehmen Sie Ihre Inspirationen für die Rätsel? Shortz: Ich lese viel und unternehme viel. Gerade habe ich zum Beispiel nach einer neuen Verschlüsselung für Obama gesucht. Sein Name kommt sehr häufig vor, weil er kurz ist und drei Vokale hat - sehr kreuzworträtselfreundlich. Als neue Verschlüsselung ist mir diese eingefallen: "Erster Präsident mit einem Twitter-Account." dpa

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