Raue Klangsprache als Ohrenschmaus

2010 jährt sich der Geburtstag von Johann Sebastian Bach zum 325. Mal. Anlass für den Bach- Zyklus 2010, dessen drittes Konzert in Kooperation mit dem Förderverein Schloss Malberg veranstaltet wurde.

Malberg. (gkl) Gibt es etwas schöneres für einen Konzertveranstalter, als nicht mit den aufgestellten Stühlen bei einem Konzert auszukommen und noch nachbestuhlen zu müssen. 60 bis vielleicht 80 Besucher hatte man in der Kapelle von Schloss Malberg zum dritten Konzert des Bach-Zyklus 2010 erwartet. Über 150 wurden es. Claudia Kussmaul, Initiatorin der Konzertreihe, war dem Grundgedanken treu geblieben, Bachsche Kompositionen mit einem Werk der jüngeren Musikgeschichte zu kombinieren. Sie zeigt damit auf, wie weit der Thomaskantor bis in unsere Zeit immer noch das Musikgeschehen beeinflusst.

Mit Bach geht man eigentlich nie ein Risiko ein und doch war das Malberger Programm mutig. Wies es doch lediglich drei Solowerke auf. Den Anfang machte die Partita Nr. 3 in E-Dur, BWV 1006, für Violine solo. Am Ende stand die Suite Nr. 1 in G-Dur, BWV 1007, für Violoncello solo. Beide betteten die Sonate, Opus 27,2, für Violine solo von Eugène Ysaÿe ein. Schwere Kost für Ausführende und manchmal auch für die Zuhörer, die aber in der akustisch exzellenten Schlosskapelle keinem Risiko ausgesetzt waren. Welchem der drei Vorträge das Prädikat "am besten" zustand, mochte man am Ende des Konzertes nicht ausmachen. Die junge Anne Dostert widmete sich der Violinpartita und konnte, verständlicherweise, eine gewisse Nervosität nicht leugnen. Es war schlicht beeindruckend, wie schnell sie ihre Unsicherheiten im Preludio überwand und mit jedem Takt souveräner mit diesem nach wie vor einzigartigen Höhepunkt der Violinliteratur umging.

Für Ysaÿes Sonate, die thematisch die Bachpartita zitiert und dem großen Geiger Jacques Thibaud gewidmet ist, zeichnete Simone Bertz verantwortlich. Unbestreitbar gelangen ihr alle vier Sätze großartig. Vielleicht das beste aber war der "Tanz der Schatten", der geheimnisvoll und fast schon mystisch genau den richtigen Ton traf. Der Cellist Robert Nikolayczik ist ein ausgewiesener Fachmann für historisch informierte Aufführungspraxis. Er hatte die Bachsuite als Handschrift auf seinem Pult liegen. Nichts glatt geschliffenes, egalisiertes prägte sein Spiel, sondern eine raue, urtümliche Klangrede, versehen mit vielen kleinen Nuancen. Die Suite geriet so zu einem Ohrenschmaus. Ein großartiger Abend.

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