Ravi Shankars Tochter

Als Jazzmusiker anerkannt zu werden, ist nicht nur in Europa schwer. Auch einen Mann wie Sacha Distel ­ siehe den nebenstehenden Artikel ­ kennt man heute nicht mehr als ausgezeichneten Jazz-Gitarristen, sondern als weichgespülten Schlagersänger. Jazz-Programme in Radio und Fernsehen sind nur noch sporadisch zu finden ­ und wenn, werden sie meist mitten in der Nacht ausgestrahlt. Umso erstaunlicher ist der Erfolg einer jungen Amerikanerin namens Norah Jones. Die wurde am 30. März 1979 in New York City geboren. Im vergangenen Jahr galt sie in den USA als der Shooting Star der Jazz-Szene. Aber ist das, was sie da macht, wirklich Jazz? Sie hebt die Grenzen zwischen einzelnen Musikstilen so gekonnt auf, dass selbst die alte Hank-Williams-Nummer "Cold Cold Heart" klingt, als wäre sie speziell für Norah geschrieben worden. Normalerweise kann ich Coverversionen nicht ausstehen. Aber in diesem Fall muss ich gestehen, dass "Cold Cold Heart" in der Version von Norah Jones viel besser ist als das Stück von Hank Williams aus dem Jahr 1951. Norah schafft es mühelos, Blues, Soul, Folk, Country und Jazz so zu verschmelzen, als gebe es eine neue Musikrichtung ­ und die heißt NorahJones. Dass Kritiker über ein neues Produkt jubeln, das dann von den Käufern nicht mal wahrgenommen wird, ist nicht selten. Aber in diesem Fall schafft es Norah wiederum, alle zu verblüffen. Ihr Album "Come Away With Me" kam im März 2002 in die US-LP-Charts und dümpelte vor sich hin. Dann krabbelte das Album langsam, aber sicher in die Top 10. Und in dieser Woche erreichte die Aufnahme Platz 1. Inzwischen hat sie mehr als drei Millionen Alben verkauft und die Dixie Chicks, Eminem und Shania Twain von der Spitze verdrängt. Wer ist diese Norah Jones? Auch das sickerte nur langsam durch und wurde von ihr am Anfang ihrer Karriere keinesfalls als Sprungbrett benutzt. Sie ist die Tochter des weltberühmten indischen Sitarspielers Ravi Shankar, den sie allerdings erstmals 1998 traf. Mit 16 gab Norah ihre ersten Konzerte, 1996 und 1997 gewann sie die Student Music Awards des Down Beat Magazins als beste Jazz Vocalistin; 1996 erhielt sie außerdem einen Preis für die "Best Original Composition". Nebenher sang sie in der Band Laszlo. 1999 zog sie zurück nach New York, trat ein Jahr mit der Funk-Fusion-Band Poetic auf und machte 2000 Demos für die Plattenfirma Blue Note. Schön, dass sich Qualität manchmal doch durchsetzt. Ihr

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