Reinster, hellster, zartester Mozart

Trier · Das 2. Sinfoniekonzert begann keineswegs problemlos. Aber mit Haydns Trompetenkonzert und am Ende Mozarts Jupiter-Sinfonie erspielten sich die Trierer Philharmoniker unter Valtteri Rauhalammi im voll besetzten Trierer Theater allgemeine Begeisterung.

Trier. So einfach und eingängig sie klingen mag - Igor Strawinskys "Pulcinella-Suite" ist eine Komposition der Überraschungen und Stolpersteine. Der Komponist treibt mit Giovanni Battista Pergolesis Vorlage aus dem frühen 18. Jahrhundert ein zynisches, fast diabolisches Maskenspiel, verfremdet, versetzt das Klischee barocker Betulichkeit mit klingendem Spott und stellt dabei die Interpreten vor harte Aufgaben, technisch und musikalisch. Wundert es, wenn das Philharmonische Orchester Trier, wenn Dirigent Valtteri Rauhalammi diese Komposition mit hörbarem Respekt angeht? Selten, allzu selten stellte sich zu Beginn des 2. Sinfoniekonzerts die Souveränität ein, die Strawinskys historischer Überlegenheitsgeste entspricht. Und wenn sich Orchesterstimmen solistisch aus dem Klangkörper lösen, halten sie sich zwar wacker, bleiben aber in der trockenen Theaterakustik ohne Ensemblezusammenhalt und zudem nicht immer intonationsrein. Die Mühe mit der Musik, sie klingt in der Interpretation mit.
Aber dann Haydns Trompetenkonzert: Jetzt wirkt das Orchester wie verwandelt - beweglich, ja geschmeidig, ein echter Partner des Solisten. Wolfgang Bauers herrlich offener, farbenreicher und im langsamen Satz geradezu lyrischer Trompetenton leuchtet alle Nuancen der reichen Solopartie aus. Rauhalammi und seine Philharmoniker musizieren mit, aufmerksam und sensibel. Wenn Haydn die Trompete in den Streichersatz integriert, als hätte er ein Streichquartett im Sinn, dann sind Orchester und Solist künstlerisch ganz eng verbunden. Und die Moll-Trübungen in der Mitte des langsamen Satzes - welch empfindsames Miteinander!
Höhepunkt mit Jupiter


Man mag Jacques Iberts eigenwillige und durchaus stilproblematische Mozart-Paraphrase nach der Pause als formale Programmabrundung verstehen, zumal die Trie rer sie sauber und mit der notwendigen Energie bewältigten. Sie blieb indes Vorspiel, Einleitung nur zum Höhepunkt, zu Mozarts "Jupiter-Sinfonie".
Die musizierten sie so sensibel, so vielschichtig, so reich an Assoziationen, dass alle martialisch-triumphalen Jupiter-Klischees verblassten. Rauhalammis fließender und doch deutlicher Dirigierstil gibt dem ersten Tutti, das auch gefährlich leer klingen kann, so viel rhythmische Energie, dass es zum repräsentativen Portal wird. Er arbeitet die Charakteristik der drei höchst unterschiedlichen Themen im Kopfsatz sorgfältig aus. Dem Andante cantabile geben Dirigent und Orchester einen Serenaden-Beiklang - mit all dem Ernst, der Nachdenklichkeit und Tiefe, die zu Mozarts späten Serenaden gehören. Und das berühmte Finale: Da tritt der Kontrapunkt nicht schulmeisternd akademisch auf. Er behält trotz aller Deutlichkeit und Präzision des Musizierens etwas Spielerisches, Leichthändiges - reinster, hellster, zartester Mozart.
"Bitte espressivo bleiben!", lautet die Aufforderung des Dirigenten Valtteri Rauhalammi an das Philharmonische Orchester Trier. Ausdrucksvoll (auf Italienisch "espressivo") war und blieb es bis zum Ende. Es war der erste apéritifclassique des Trierer Theaters. Die neue Konzertreihe richtet sich an alle, denen die "großen" Sinfoniekonzerte fremd oder zu zeitaufwendig sind. Sie präsentiert das Programm des jeweils folgenden Sinfoniekonzerts im Zeitraffer - 60 Minuten sinfonische Livemusik ohne große Umstände. Und um dem Ganzen einen Hauch Werkstattcharakter zu geben, wird im apéritif selbstverständlich auch noch geprobt. Wer zuhört, der erlebt auch, wie ein Sinfoniekonzert vorbereitet wird. 26 Besucher waren anwesend, aus Sicht von Musikdramaturg Peter Larsen fürs Erste eine ansehnliche Zahl. Auf die Frage, weshalb sie gekommen sei, sagte eine Besucherin, sie wolle das Orchester, die Solisten und die Klassik einmal ganz zwanglos und locker genießen. Genau das ist der Sinn der neuen Reihe. Andere wollten Star-Trompeter Wolfgang Bauer sozusagen live erleben. Der plauderte über die Klappentrompeten, für die Haydns eigen sein Trompetenkonzert schrieb, über Trompeter aus keuschen Ehebetten, über die religiöse oder militärische Rolle seines Instrumentes und gab natürlich eine Kostprobe seines Könnens. Am Ende waren alle begeistert und sind beim nächsten apéritifclassique am 8. Februar 2012 sicherlich wieder dabei. romi

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