Aufgeschlagen — Neue Bücher: Fake Wenn alles gegen dich spricht …

Es sieht nicht gut aus für Patrick Dostert. Er bekommt eines Morgens Besuch von zwei Polizisten, die den IT-Fachmann aus Erfurt verdächtigen, eine Frau misshandelt zu haben, die er noch nie zuvor gesehen hat.

 Arno Strobels Buch  Fake

Arno Strobels Buch Fake

Foto: tv/Fischer Verlag

Auch seine Frau Julia ist wie vor den Kopf gestoßen, kann aber ihrem Ehemann für die fragliche Tatzeit kein Alibi geben, da sie mit einer Freundin unterwegs war. Während Dostert verzweifelt versucht, auf eigene Faust seine Unschuld zu beweisen, zieht sich die Schlinge noch enger um ihn: Wenige Tage später soll er auch noch für das Verschwinden einer weiteren Frau verantwortlich sein, die mit dem ersten Opfer befreundet ist und ihn als den Schuldigen identifiziert hat.

Und erneut ist seine Frau nicht in der Lage, für ihren Mann auszusagen. Als dann auch noch ein Video auf Youtube auftaucht, in dem Dostert zu sehen ist, wie er sein Opfer beschimpft und tätlich angeht, wird er in Untersuchungshaft genommen. Aus der Zelle heraus berichtet er persönlich von den Ereignissen, schreibt jedoch in der dritten Person, um, wie er dem Leser erzählt, eine gewisse Distanz zu sich und den Geschehnissen zu schaffen.

Einem Anwalt gelingt es zwar, das Video als Fälschung zu entlarven, und Dostert wird aus der U-Haft entlassen. Doch damit ist der Albtraum noch längst nicht vorbei.

Wie auch? Schließlich lässt Arno Strobel weder seinen Protagonisten noch sein Publikum so ohne Weiteres davonkommen. Der Thrillerautor geht bei seinen Geschichten nach einem Bauplan vor, der zwar leicht durchschaubar ist, aber dennoch seine Wirkung nicht verfehlt: Ein Mensch wird so sehr in die Enge getrieben und an den Pranger der Öffentlichkeit gestellt, dass Familie, Freunde und Kollegen, weil wirklich alles gegen ihn spricht, schließlich von seiner Schuld überzeugt sind und sich von ihm abwenden. „Wer soll dir jetzt noch glauben?“ lautet der fragende Untertitel von Strobels neuestem Coup, den er „Fake“ nennt – Fälschung.

Doch während das Mitgefühl für das Opfer und den vermeintlichen Täter von Seite zu Seite wächst, wäre Strobel nicht der erfolgreiche Spannungsmacher, wenn er nicht noch über ein Ass verfügen würde, das er auf den letzten Seiten aus dem Ärmel zieht.

Fazit: „Pageturner“ nennt man derlei schlafraubende Geschichten auf Englisch, „Seitenwender“. Weil weder Leser noch Leserin die Seiten schnell genug umblättern können, um des Rätsels Lösung zu erfahren.

Arno Strobel, „Fake – Wer soll dir jetzt noch glauben?“, Fischer Verlag, 359 Seiten, 15,99 Euro.




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