Kulturmacher Roberto Barahoma Wenn der Maestro ruft, stehen alle still

Roberto Barahoma leitet seit acht Jahren die Koyon-Theatergruppe in Wittlich. Integration und Inklusion spielen dabei eine große Rolle. Auf der Bühne werden sozialkritische Stücke gezeigt, bei denen das Handwerkszeug zur Schauspielerei vom Theaterpädagogen gelehrt wird.

 Bei allem Sozialkritischen, das sie in ihren Stücken thematisieren, kommt bei den Proben der Spaß nicht zu kurz. Links: Roberto Barahoma und ein Teil seiner Koyon-Schauspieler.

Bei allem Sozialkritischen, das sie in ihren Stücken thematisieren, kommt bei den Proben der Spaß nicht zu kurz. Links: Roberto Barahoma und ein Teil seiner Koyon-Schauspieler.

Foto: Christina Bents

Vier Schauspieler stehen unbewegt auf der Bühne. Roberto Barahoma, den sie in den Räumen des Koyon-Theaters „Maestro“ nennen, ruft ihnen zu, was sie tun sollen. Nur mit den Augen jemanden verabschieden, in einer fiktiven Sprache sprechen oder einen Marienkäfer darstellen. Dazwischen fällt immer wieder das Wort „Neutro“ von Barahoma. Ein Zeichen, wieder in die Ausgangsposition zu gehen. Paul Butugan, Mitglied der Truppe, sagt überzeugt: „Das sind Schauspielübungen und wichtiges Handwerkszeug, wenn man lernen möchte, Rollen zu spielen.“

Das ist dem Chef der Truppe, Roberto Barahoma, wichtig. Er sucht Stücke aus, die vielschichtig sind, beispielsweise „Der Besitzer“ oder „Der Mann, der sich in einen Hund verwandelt.“ Bei Letzterem geht es um jemanden, der Arbeit sucht, und trotz vieler Talente einen Job als Wachhund annehmen muss. Roberto Barahoma erklärt: „Die Stücke haben immer mit der Gesellschaft zu tun. Es ist wichtig, dass die Jugendlichen Empathie lernen und sich mit der Realität auseinandersetzen.“

Darum wird nicht ausschließlich Theater gespielt, sondern man redet viel bei den Theaterproben. Meist beginnt es mit einer Bemerkung oder einem Witz, doch dann werden die Gespräche intensiver und die Themen Toleranz und Moral sind dabei zentral. Es ist aber nicht nur Tiefsinniges, was der Maestro den Jugendlichen beibringen will. Er betont: „Freude am Leben durch Theater, das ist meine Motivation, die Theatergruppen zu leiten.“

Das kommt bei seinen Schauspielern gut an. Kiana, 11 Jahre, berichtet: „Eigentlich haben meine Mutter und ich nach Ferienangeboten beim Haus der Jugend gesucht und sind dabei auf die Theatergruppe gestoßen.“ Weiter sagt sie: „Hier lernt man nicht nur Texte auswendig, sondern wir wollen was rüberbringen.“ Ähnlich sieht es Maximilian Filippazzo, 16 Jahre: „Eigentlich bin ich selbst eher ein kleiner, zimperlicher Typ, aber hier spiele ich auch Rollen, in denen ich draufgängerisch und wütend bin. Das macht mir sehr viel Spaß.“ Roberto Barahoma versucht das Talent in jedem seiner Schützlinge zu sehen und da anzusetzen. Der studierte Theaterwissenschaftler und Pädagoge erklärt: „Ich sehe, wo Potenzial ist, und dann drücke ich diesen Punkt, damit es sich entfalten kann.“

Als Puppenspieler hat Roberto Barahoma angefangen und wollte sich weiterentwickeln. Das hat er mit einem Studium der Theaterwissenschaften und -pädagogik getan. Viele Jahre hat er, der aus einer jüdisch-spanischen Familie stammt, in Chile gelebt. Als Schauspieler gibt es in dem südamerikanischen Land viel Konkurrenz. „Zudem war es mir wichtig, dass ich mein Wissen weitergebe“, erklärt er. In Wittlich konnte er das. Der ehemalige Bürgerbeauftragte Dieter Burghard hat ihn vor acht Jahren mit dem damaligen Leiter des Hauses der Jugend, Hans-Josef Floter, auch „Flutsch“ genannt, bekanntgemacht. „Er sagte dann, dass er schon immer gerne eine Theatergruppe im Haus haben wollte, aber er selbst keine Ahnung davon hätte. Deshalb war ich ihm sehr willkommen.“ Auch die Stadt Wittlich unterstützt ihn und die neue Leitung im Haus der Jugend ebenfalls. „Die Räume sind die ehemaligen des offenen Kanals, und wir haben hier alles, was wir brauchen. Eine kleine Bühne zum Proben, eine Maske, einen Raum für Kleidung und Requisiten“, sagt Roberto Barahoma.

 Roberto Barahoma (Mitte), mit einem Teil der Schauspieler des Koyon Theaters.

Roberto Barahoma (Mitte), mit einem Teil der Schauspieler des Koyon Theaters.

Foto: Christina Bents

Viel Bühnenaufbau und Requisiten brauchen sie aber gar nicht. Paul Butugan: „Es geht uns um die Schauspielkunst und darum, dass die Menschen ihre Fantasie anregen, da lenkt zu viel drumherum ab.“ In der Theatergruppe Koyon sind zwischen fünf und zwölf Personen. Seit vier Jahren eine weitere deutsch-spanische Theatergruppe. Im vergangenen Jahr ist das Koyon-Theater zehn Mal aufgetreten, unter anderem im Haus der Jugend, im Mehrgenerationenhaus oder bei städtischen Anlässen. Gerne würden sie auch in der Tufa Trier ihre Stücke auf die Bühne bringen. Christina Bents

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