Rocksänger Fish im Interview: Kayleigh, Karriere und Castingshow-Terror

Trier/Saarlouis · Der legendäre schottische Rocksänger Fish tritt am Mittwoch, 5. Oktober, im Rahmen seiner Fishheads-Akustiktour im Theater am Ring in Saarlouis auf. Im exklusiven Interview mit volksfreund.de spricht er über eine alte Beziehung zu Trier, das Verhältnis zu seiner früheren Band Marillion und darüber, was die Zuschauer in Saarlouis erwarten wird.

Rocksänger Fish im Interview: Kayleigh, Karriere und Castingshow-Terror
Foto: Frank Göbel

Guten Tag, Fish. Wie geht es Ihnen?

Danke, gut. Wo sitzen Sie?

In Trier, Deutschlands ältester Stadt.

Oh ja, Trier kenne ich. Als ich in den siebziger Jahren studiert habe, musste sich jeder von uns einen Brieffreund suchen. Meiner war aus Trier. Eigentlich müssten wir uns ja auf Deutsch unterhalten können. (spricht in sehr passablem Deutsch) Nein, bitte nicht. Dafür ist mein Wortschatz nicht groß genug!

Sie waren jedenfalls lange mit einer Deutschen verheiratet, die Sie während der Aufnahmen von "Misplaced Childhood" in Berlin kennen gelernt haben. Haben Sie ein besonderes Verhältnis zu Deutschland?

Oh ja, auf jeden Fall. Ich mag Deutschland sehr. Einer der Orte, wo ich mir vorstellen könnte, fest dort zu leben. Ist aber nicht so. Ich lebe noch in Schottland.

Sind Sie stolz darauf, für den Namen einiger Tausend Mädchen und Frauen verantwortlich zu sein?

Tja, da habe ich wohl etwas in die Welt gesetzt. Aber viele der Kayleighs wissen wohl gar nicht, warum sie so heißen. Ich bleibe lieber durch meine Musik der Welt in Erinnerung.

Sprechen wir also über Marillion.

(bedauernd) Och.

Mehr als zwei Drittel der Bandgeschichte verlief ohne Sie. Trotzdem bleiben Sie vielen Fans unvergesslich in Erinnerung. Hat sich Ihr Nachfolger Steve Hogarth mal bei Ihnen beschwert?

Nein, das hat er nicht. Im übrigen ist es ja so, wie Sie sagen: Ich habe nur die ersten vier Platten bei dieser Band gesungen. Seitdem machen Sie mit Hogarth tolle Sachen, die völlig für sich stehen - und mehr möchte ich darüber eigentlich gar nicht reden.

Gut, dann sprechen wir lieber von Ihrer aktuellen Tour. Was spielen Sie denn da so?

Wir haben drei Stunden Material - von den frühen Marillion-Sachen bis zu den Liedern aus meinem letzten Solo-Album. Daraus suchen wir immer was anderes aus, je nach Publikum und wie der Abend so läuft.

Kommen denn auch junge Leute zu Ihren Konzerten?

Der Kern dürfte schon so Ende Dreißig bis Mitte Vierzig sein - aber es kommen durchaus auch einige jüngere Leute. Wir schließen jedenfalls niemanden aus.

Und wissen die Besucher auch ihr Solo-Werk zu schätzen?

Ich glaube schon, dass Sie das schätzen. Aber ich verstehe auch, dass die Leute zu so einem Konzert kommen, um zu feiern und ihre Lieblingshits zu hören. Wenn ich zu Phil Collins gehe, freue ich mich ja auch auf Genesis-Klassiker.

Gibt es denn Veränderungen gegenüber der 2010er Tour, die ja auch akustisch war?

Ich glaube, wir sind vor allem selbstsicherer geworden: Als wir mit der Akustik-Tour angefangen haben, war vor allem ich selbst sehr unsicher: Ob die Leute dieses "Unplugged"-Konzept auch annehmen, ob meine Stimme ordentlich mitmacht, mit der ich ja ein paar Probleme hatte.

In der Tat hatten Sie eine Zeit lang einen Teil ihrer Stimme verloren - mehr, als nur durch das Alter zu erklären wäre. Jetzt haben Sie aber wieder zu neuer Form gefunden. Was ist passiert?

Ich hatte eine Zyste im Rachen, die operativ entfernt werden musste. Danach stellte man weiteres irreguläres Zellwachstum fest - zum Glück nur Narbengewebe, welches dann ebenfalls wieder entfernt wurde. Das habe ich jetzt aber alles überstanden und freue mich auf die Tour.

Womit vertreiben Sie sich die Zeit, wenn Sie keine Musik machen?

Ich tauche. Ich arbeite gern in meinem Garten. Ich finde Fußball toll, auch wenn ich Ihn nur noch ansehe, und nicht mehr selbst spiele - das Alter. Und ich sehe sehr gerne Filme. Sie sind ja auch selbst Schauspieler, haben zum Beispiel in "The Jacket" an der Seite von Adrian Brody gespielt. Naja, ich bin nicht gerade ein Filmstar - meist spiele ich nur eine kleine Nebenrolle. Das macht wirklich Spaß, ist aber durch die langen Vorlaufzeiten nur schwer mit dem Musikerleben in Einklang zu bringen. Eine tolle, kleine Indie-Komödie, in der ich mitgepielt habe, ist gerade abgedreht: Sie heißt "Electric Man".

Was halten Sie von Casting Shows?

Grauenhaft, die allerunterste Form von Unterhaltung. Würden Sie lieber gute Dramas drehen, aber das kostet ja zu viel Geld. Da machen Sie eben Casting-Shows und diesen ganzen "Reality"-Mist..

Also keine gute Art, eine Musiker-Karriere zu starten.

Nein, offensichtlich nicht: Man sieht ja, wie lange diese Karrieren dauern.

Hätten Sie denn damals gedacht, dass Ihre so lange dauert? Sie stehen jetzt immerhin seit 30 Jahren auf der Bühne.

Nein, nie im Leben. Aber so hat man damals auch gar nicht gedacht: Man macht sein erstes Album, dann noch eines, mal eine Tour - aber das war ja nicht alles so vorher geplant.

Ihre Liedtexte sind ja meist sehr persönlich. Fühlen Sie sich immer wohl dabei, so viel Intimes preiszugeben?

Natürlich, sonst würde ich es ja nicht machen.

Auch in zeitlich größerem Abstand, sagen wir zehn Jahre, denken Sie nicht: "Oh, hätte ich das doch nicht so rausgelassen"?

Nein, weil ich aber sowieso kein Typ bin, der mit seiner Vergangenheit hadert. Mir tun diese ganzen Leute leid, die immer nur sagen "Hätte ich nur das oder das gemacht". Die Vergangenheit ist vorbei. Guck nach Vorne. Gestalte Deine Zukunft. Im Internet findet man sehr viele Clips von Ihren aktuellen Shows. Anscheinend haben Sie kein Problem damit? Ach, da kann man ja nichts gegen machen. Ich finde aber, die Leute bringen sich selbst und die anderen um das Konzerterlebnis. Ein Konzert lebt schließlich vom Mitmachen - und das kann man nicht, wenn man gar nicht richtig anwesend ist, sondern sich nur um den richtigen Bildausschnitt Gedanken macht.

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