Romantik auf die fernöstliche Art

Trier · Bunt, schön und gut: So lässt sich die Aufführung des Musicals "The King and I" zusammenfassen, die am Wochenende im Trierer Theater Premiere gefeiert hat. Bei der Inszenierung hat einfach alles gepasst.

Laut, schrill und vor allem anders: Das Königreich Siam ist für Anna Leonowens und ihren Sohn eine völlig fremde Welt. Und doch ist die Witwe in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert, als Victoria die Briten regiert und Abraham Lincoln gegen die Sklaverei kämpft, nach Asien gekommen, um ihren Lebensunterhalt als Lehrerin der königlichen Familie zu verdienen. Das Musical "The King and I" erzählt von einer wahren Begebenheit. Es geht um die Geschichte einer Frau, die nicht davor zurückschreckt, in einem völlig unbekannten kulturellen Milieu für Gleichberechtigung zu kämpfen und sich gegen einen starrhalsigen Tyrannen durchzusetzen. Doch das klingt schon viel zu politisch für das, was Regisseur Dale Albright auf die Bühne bringt.
Die Zuschauer sind ins Trierer Theater gekommen, um sich von dem Märchen, das auf einer wahren Begebenheit beruht, entführen zu lassen in diese fremde Welt, in eine andere Zeit. Und bei der Premiere am Samstagabend sind sie nicht enttäuscht worden. Das Bühnenbild, das Albright von seinen früheren Inszenierungen des Stücks in Innsbruck und Kaiserslautern mit an die Mosel gebracht hat, holt alles raus aus der Bühne im großen Haus. Die Kulissen, die in atemberaubenden Tempo wechseln, sind sehr farbenfroh und erinnern ein wenig an einen Disneyfilm.
Musik stimmungsvoll umgesetzt


Kitschig? Schon möglich, aber das Bühnenbild trägt einen wesentlichen Teil zu dem Zauber bei, der von "The King and I" ausgeht. Das Philharmonische Orchester der Stadt Trier tut sein Übriges dazu: Denn die Stücke aus der Feder von Richard Rogers werden von den Trierer Musikern stimmungsvoll umgesetzt: romantisch, traurig oder dramatisch - niemals langatmig. So, wie es in einem familienfreundlichen Musical sein sollte.
Großartig ist auch die Leistung der Schauspieler: Evelyn Czesla spielt die Anna. Der Darstellerin mit der klaren Stimme gelingt die Figur der sittsamen Engländerin außerordentlich gut. Nur selten verliert Anna die Fassung, und zwar immer nur dann, wenn der streitlustige König sie zur Weißglut treibt. Da fällt es selbst der gesitteten Engländerin schwer, Contenance zu wahren. Anna zieht sich in ihr Gemach zurück, um ihre Wut über den Monarchen an einem Kissen auszulassen, nur um wenige Szenen später mit ihm zu turteln. Der König selbst, gespielt von László Lukács, hat die Sympathie des Publikums vor allem dann auf seiner Seite, wenn er zusammen mit seinen Kindern (Kinderchor des Trierer Konzertchors) auf der Bühne steht, und wenn er Anna den Kopf verdreht.
Und wer glaubt, dass er nach dem ersten Akt alles gesehen hat, der wird nach der Pause eines Besseren belehrt.
Die Inszenierung dreht im zweiten Teil noch einmal richtig auf. Das liegt vor allem an Claudia-Denise Beck, die Prinzessin Tuptim spielt. Sie inszeniert am Hof ein Kammerspiel. In diesem zweiten Stück brillieren Mitglieder des Tanztheaters als Darsteller.
Am Ende fiebert man dennoch mit Anna und dem König mit. Werden die beiden Charaktere zueinanderfinden? "Wenn sie sich lieben, ist jeder Mann ein König und jede Frau seine Königin", sagt Anna. "Eine grauenhafte Vorstellung", antwortet der kauzige König.

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