Rückgrat oder Karriere - das ist hier die Frage

Trier · Kurz vor Jahresende setzt das Trie rer Theater eine Komödie mit Widerhaken auf den Spielplan. "Bandscheibenvorfall" ist ein ebenso skurriler wie schonungsloser Blick in den Arbeits- und Karrierealltag. Für Regisseur Anatol Preissler ist es sein Trier-Debüt.

 Den ganz normalen Arbeitsirrsinn zelebrieren Tim Olrik Stöneberg und seine Kollegen ab Samstag im Trierer Theater. Foto: Theater/Marco Piecuch

Den ganz normalen Arbeitsirrsinn zelebrieren Tim Olrik Stöneberg und seine Kollegen ab Samstag im Trierer Theater. Foto: Theater/Marco Piecuch

Trier. Es sind Prototypen, die durch das Vorzimmer des Chefs wieseln: der Überflieger, der Verlierer, das Alphatier, die Karrierefrau, die Fürsorgliche. Alle kämpfen ums Überleben in einer Arbeitswelt, die für Nettigkeiten immer weniger Raum lässt. Es wird gemobbt, getarnt, gebuckelt - ein Bewegungsrepertoire, das wegen Überlastung des Rückgrats unweigerlich zum "Bandscheibenvorfall" führt. Einen "Abend für Leute mit Haltungsschäden" hat Autorin Ingrid Lausund denn auch hintersinnig ihr Stück untertitelt, das seit seiner Hamburger Uraufführung vor zehn Jahren schon einige Produktionen erlebt hat - was nicht jedes zeitgenössische Stück von sich behaupten kann.
"Ich bin von dem Thema überzeugt", sagt Regisseur Anatol Preissler, der erstmals in Trier inszeniert. Er wird von Kritikern gern als "Spezialist für entstaubte Komödien" klassifiziert, eine Rubrik, die ihm einerseits gefällt ("Ich bin gegen Egotrips auf der Bühne, ich mache Theater für die Menschen"), ihn aber andererseits auch manchmal nervt ("Ich mag keine Schenkelklopfer-Witzigkeit").
Dennoch: Er wird hauptsächlich für leichtere Kost gebucht. "Arsen und Spitzenhäubchen" in Kaiserslautern, wo er fast zum Stammpersonal gehört. Der "Kleine Horrorladen", mal in Innsbruck, mal am Hamburger Ohnsorg-Theater. Im Sommer bespielt er ein eigenes Festival im bayerischen Wangen.
"Der komödienerfahrene Autor", so schreibt das Theater in seiner Presseankündigung über den Sohn einer Wiener Theater-Familie. Dabei sei "Bandscheibenvorfall" alles andere als eine reine Komödie, eher ein Stück, "das Komik und Tragik verbindet", warnt Preissler vor falschen Bewertungen.
Viel Platz für Spielfreude


Gemeinsam mit Bühnenbildner Karel Spanhak, vor vielen Jahren Ausstattungschef in Trier, hat er eine Spielfläche entwickelt, die als klaustrophobischer Raum beginnt und sich später immer weiter öffnet. Das kann ein Büro sein, muss aber nicht. Die zwischenmenschlichen Reibereien, sagt Preissler, seien letztlich überall gleich, "ob in der Bank, im Kaufhaus oder im Theater". Die Handlung hat er in musikalische Spots eingebunden, nicht zuletzt, weil "die Erzählweise der Autorin sehr rhythmisch und sehr musikalisch ist".
Für die fünf Schauspieler bietet "Bandscheibenvorfall" jede Menge Platz für Spielfreude. Sabine Brandauer, Vanessa Daun, Jan Brunhoeber, Tim Olrik Stöneberg und Klaus-Michael Nix "hängen sich richtig in die Rollen rein", schwärmt der Regisseur. Weil sie "gemeinsam Lust haben, eine Geschichte zu erzählen".
Premiere am Samstag, 22. Dezember. Weitere Vorstellungen: 28. Dezember; 12., 15., 19., 25. Januar; 6., 17. Februar; 3., 15. und 24. März. Karten an der Theaterkasse, Telefon 0651/7181818, www.theater-trier.de

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