Russische Kälte und Aussagekraft

Besuch aus Russland hatte die Luxemburger Philharmonie in der Konzertreihe "Grands Orchestres". Für einen unvergleichlichen Abend hatten die Musiker aus St. Petersburg Werke ihrer Heimat mitgebracht.

Luxemburg. (gkl) Das geschieht äußerst selten in der Luxemburger Philharmonie: stehende Ovationen nach einem sinfonischen Konzert. Berechtigter Ausdruck dafür, dass die Zuhörer wirklich etwas Besonderes erlebt haben. Zu Gast war das Orchester des Mariinsky Theaters Petersburg, das unter der Leitung seines Chefs Walery Abissalowitsch Gergijew stand und dort ein restlos ausverkauftes Auditorium vorfand. Tradition ist eine Sache, eine andere ist es, der Vergangenheit mit lebendiger Qualität gerecht zu werden. Dem wurden die Russen gerecht.

Der Klang dieses Orchesters war lebendig und kraftvoll. Majestätisch war das Tutti, nie aber grenzwertig. Zart und fast verletzlich das Pianissimo, aber trotzdem präsent und widerstandsfähig. Mit einem Wort: faszinierend.

Beste Voraussetzungen für die Sinfonien Nr. 1 (g-Moll) und 6 (h-Moll) von Peter Tschaikowsky, mit dem die Petersburger den Abend gestalteten. Berüchtigt ist der russische Winter mit seiner Kälte und seiner Unbarmherzigkeit. Keine Spur davon bei den "Winterträumen", wie Tschaikowsky seine Erste genannt hat. Natürlich gab es die Kälte, die für rote Wangen sorgt, aber in der Interpretation Gergijews fühlte man sich gut verpackt, konnte die Landschaften in all ihrer Schönheit genießen. Von tiefer Aussagekraft war die "Pathétique" geprägt, jene große Sinfonie, mit der Tschaikowsky sein ganzes Leben offenlegt. Schier unendlich waren die Farbnuancen, mit denen jedes Register des Klangkörpers die verschiedenen Stimmungen darstellen konnte und damit der Musik eine lebendige Empathie verlieh. Vielleicht ist es wirklich den russischen Orchestern vorbehalten, der Gefühlswelt dieser Tonsprache so viel Leben einzuhauchen.

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