Sänger Tobias Scharfenberger - Yes, we can

Trier · Man mag noch so sehr auf einige erfolgreiche Produktionen und große Namen in der Vergangenheit verweisen, eine wichtige Adresse im großen Festivalgeschäft waren die Antikenfestspiele bis heute nie.

Man mag noch so sehr auf einige erfolgreiche Produktionen und große Namen in der Vergangenheit verweisen, eine wichtige Adresse im großen Festivalgeschäft waren die Antikenfestspiele bis heute nie.

Dabei sind die Voraussetzungen eigentlich bestens. Während es andernorts mühsamer Suche nach einem unverwechselbaren Thema oder Format bedarf, gibt in Trier die Einzigartigkeit der Stadt das Motto bereits vor: (römische) Antike - an fast jeder Straßenecke. Die Stadt ist das Programm. Das Repertoire ist in seiner Vielfalt schier endlos. Dazu kommen die herrliche geografische Lage und ein interessantes Einzugsgebiet.

Angesichts dieser idealen Standortfaktoren, auf die andere Festivalmacher vermutlich neidvoll blicken, ist die Konzept-, Mut- und Fantasielosigkeit der lokalen (Kultur-)Politik wie auch der Intendanz erschreckend. Die jüngsten Entwicklungen verstärken den Eindruck, dass keiner sich so recht Gedanken gemacht hat, was für eine Art Festival die Antikenfestspiele eigentlich sein sollen. Auch große Namen werden nicht kommen, wenn sie nicht wissen, wofür die Antikenfestspiele stehen.

In dieser misslichen Lage ist Ulrich Holkenbrinks Notlandung nicht unbedingt gleich eine totale Bauchlandung. Vielmehr sollte man die Krise als Chance nutzen, die Festspiele wirklich neu und gescheit zu etablieren. Das heißt auch, die Festival-Idee bei den Menschen der Stadt zu verankern, sie nicht lediglich als potenzielles Publikum zu betrachten, sondern Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Trierer sich mit "ihren" Festspielen zu identifizieren beginnen.

Völlig zu Recht fordert Oberbürgermeister Jensen ein "qualitativ hochwertiges Konzept". Auch angesichts der internationalen Spitzen-Produktionen, die man in Luxemburg erleben kann, müssten zukünftige "Antikenfestspiele" künstlerisch Maßstäbe setzen und ein eigenständiges Profil entwickeln, wenn sie fortbestehen wollen. Das kann auch bedeuten, das Festival etwas kleiner aufzuziehen und ihm die Chance zu geben, gesund zu wachsen. Eine Zusammenarbeit zwischen den besten der einheimischen künstlerischen Kräfte sowie exzellenten Gästen wäre nicht nur wünschens-, sondern empfehlenswert. Denn solch ein Mix gewährleistet Identifikation ebenso wie künstlerische Anregung und Weiterentwicklung. Erstklassige Antikenfestspiele in Trier sind möglich. Um eine erfahrene und innovative Kraft von außen wird man dabei vermutlich nicht herumkommen. Noch viel wichtiger aber als das in diesen Tagen gerne zitierte "Yes, we can!" ist in der gegenwärtigen Situation das einstimmige Bekenntnis aller Beteiligten: "Yes, we want!"

Tobias Scharfenberger

Extra: Der Bariton Tobias Scharfenberger (44) wuchs in Trier auf und machte seine ersten Bühnen-Erfahrungen in der Musik-AG des Max-Planck-Gymnasiums in Trier. Nach mehreren Ensemble-Jahren in Köln arbeitet er seit 2000 freischaffend. Er singt in Berlin, Dortmund und Essen, gastierte in Genua und Padua, wirkte bei den Schwetzinger Festspielen und bei Festivals in Melbourne, San Sebastian und Moskau mit. Er tritt regelmäßig als Gastsolist beim Trierer Konzertchor auf.

SERIE "Was wird aus den ANTIKENFESTSPIELEN?"

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