Interview Marion Eckstein „Es ist wie ein Nach-Hause-kommen“

Trier · Wer Karriere als Sängerin machen will, muss besondere Eigenschaften haben. Altistin Marion Eckstein besitzt eine Menge davon. Ihren Studenten vermittelt sie Einblicke, dem Trierischen Volksfreund gibt sie Ausblicke.

 Die Altistin Marion Eckstein singt beim Weihnachtskonzert im Trierer Dom Arien aus Händels Messias und Bachs Weihnachtsoratorium.

Die Altistin Marion Eckstein singt beim Weihnachtskonzert im Trierer Dom Arien aus Händels Messias und Bachs Weihnachtsoratorium.

Foto: Dirk Schelpmeier

Wenn Marion Eckstein singt, frohlocken Kritiker und Zuhörer gleichermaßen. Die Altistin aus Monzel (Kreis Bernkastel-Wittlich) hat international Karriere gemacht. Am Donnerstag, 26. Dezember, singt die 48-Jährige im Trierer Dom Händels Messias (erster Teil) und Bachs Weihnachtsoratorium (2. Kantate). Bereits vor zwei Wochen trat sie mit dem Trierer Konzertchor in St. Maximin auf und Volksfreund-Kritiker Martin Möller schwärmte: „Beeindruckend, wie die Altistin gleich nach Beginn des Weihnachtsoratoriums dem Rezitativ (Nr. 3) Kraft und Tiefe mitgab. Und ihr gelang es, der oft vernachlässigten Alt-Arie im dritten Teil (Nr. 31) endlich die Innigkeit mitzugeben, die ihr gebührt.“ Doch neben dem Gesang hat Marion Eckstein eine weitere Leidenschaft – das Lehren.

Seit dem Wintersemester 2019/2020 sind Sie Professorin an der Musikhochschule in Stuttgart. Wollen Sie sich künftig mehr aufs Lehren statt aufs Singen verlegen?

MARION ECKSTEIN: Über den Ruf an die HMDK (Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst) Stuttgart bin ich sehr glücklich; die neue Aufgabe erfüllt mich mit großer Begeisterung und Freude – und die Studierenden hoffentlich auch!

Nachdem ich schon seit vielen Jahren und sehr gerne unterrichte, ändert sich im Grunde auch wenig. Junge Menschen an einer Hochschule für den zukünftigen Beruf auszubilden und schließlich erfolgreich in den Beruf zu bringen, stellt eine große Verantwortung dar, der ich mich engagiert und mit vollem Einsatz widmen möchte. Da wird wohl das ein oder andere Engagement leider nicht zu realisieren sein. Andererseits kann nur ein Künstler, der selbst auf der Bühne steht, vermitteln, worum es hier wirklich geht. Deshalb, und weil ich schlicht und ergreifend für mein Leben gern singe, möchte ich mich weiterhin beidem mit ganzer Kraft widmen.

Die Aussichten von jungen Sängern sind nicht gerade rosig. Viele internationale Talente drängen auf den umkämpften Markt. Wie bereiten Sie Ihre Studenten auf die Realitäten ihres Berufes vor? Was geben Sie Ihren Studenten mit?

ECKSTEIN: Aus der ganzen Welt strömen begabte und bestens ausgebildete Sänger auf den Musikmarkt – konkurrenzfähig zu sein bedeutet, auf einer stabilen technischen Grundlage ein wahrhaftiger Künstler zu sein, ernsthaft zu arbeiten und darüber hinaus eine kreative und vor allem emotional durchdrungene Interpretation zu entwickeln.
Wir brauchen auf der Bühne neben Handwerk, Musikalität und Charisma auch eine enorme mentale und physische Stabilität und Resilienz. Ich freue mich sehr, die Studierenden auf dem Weg dorthin zu begleiten.

Wie wichtig ist es für junge Sänger, sich zu entwickeln ?

ECKSTEIN: Neben der Frage, wie Stimme und Körper ökonomisch eingesetzt werden, gilt es, die ureigene und individuelle Schönheit und das volle Ausdrucksspektrum der Stimme zu entwickeln.
Auf einem umkämpften Markt sind es diejenigen Künstler, die sich durchsetzen oder besser, die vom Publikum geschätzt und geliebt werden, die etwas Unverwechselbares haben, eine charakteristische und individuelle Stimmfarbe und vor allem, die durch ihre Kunst im besten Sinn berühren …
Dazu möchte ich die Studierenden ermuntern!

Warum, glauben Sie, ist gerade an Weihnachten Barockmusik so beliebt bei den Zuhörern?

ECKSTEIN: In unserer Zeit, die durch Schnelllebigkeit und Modeströmungen geprägt ist, zieht es die Menschen offenbar mehr denn je zum „Wahren und Guten“, zum Beständigen und zu den Ursprüngen unserer Kultur - wie eben der Weihnachtsgeschichte, die kaum je wunderbarer vertont wurde als von J. S. Bach und G. F. Händel.

Sie sind sehr gefragt. Heute singen Sie in Köln, morgen in München, übermorgen in der Hamburger Elbphilharmonie. Was ist das Besondere für Sie am Weihnachtskonzert im Trierer Dom?

ECKSTEIN: Jeder Konzertort hat seine Besonderheit – es war wunderbar, Länder wie Japan, China oder Israel auf einer Konzertreise kennenzulernen, dabei auch einen direkten Kontakt zur einheimischen Bevölkerung und den dortigen Kollegen zu haben …

Aber wie sagt man hier doch: Daheim ist daheim – und genauso ist das …

Der Trierer Dom ist – wie wohl für jeden aus der Region – DIE Kathedrale meiner Kindheit, seinerzeit noch größer und gewaltiger erscheinend als heute.
Es ist wie ein Nach-Hause-kommen, zu Hause an den Ursprüngen zu musizieren.
Dafür bin ich sehr dankbar und darauf freue ich mich im wahrsten Sinne weihnachtlich!

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