Satire darf alles - Kay Ray auch
Trier · Kay Ray passt in keine Schublade. Während seines dreistündigen Programms in der Trierer Tuchfabrik bietet er geschmacklose Zoten, singt Balladen, erzählt von seiner Familie und betrinkt sich. Sein Publikum liebt ihn dafür.
Trier. Der große Saal der Tufa ist ausverkauft. Kay Ray, der skandalträchtige Edelpunk aus Osnabrück, wird in den kommenden drei Stunden mit einem Programm "möglicherweise ab 18" sein Publikum unterhalten.
Als er die Bühne betritt, legt er gleich kräftig los: Plötzlich dürften jetzt alle Witze machen über Religion, sagt er. "Als ich das vor zehn Jahren gemacht habe, hat man mich gejagt", und er ergänzt: "Da musste erst mal eine ganze Redaktion ermordet werden, bis es heißt: Satire darf alles!" Drei Tage nach dem Attentat auf die Redaktion des Satiremagazins "Charlie Hebdo" in Paris können die Zuschauer (noch) nicht über diesen Spruch lachen.
Wodka auf der Bühne
Der kleine Härtetest, wie weit Kay Ray mit dem Publikum in Richtung geschmacklose Witze gehen kann, dauert noch eine Weile an. Kay Ray spricht aus, was sich der Normalbürger nicht traut. Und während dieser sich noch fragt, ob man wirklich darüber lachen darf, feuert der Edelpunk die nächsten Gags ab, säuft auf der Bühne abwechselnd Bier und Wodka, raucht und rülpst. Ihn als platt und vulgär abzutun, wird dem Entertainer aber nicht gerecht. Denn erst die Mischung aus provokanten Witzen, zotigen Geschichten und Gesangseinlagen machen den Abend in der Trierer Tuchfabrik zum Erlebnis. Zumindest für nicht allzu zart Besaitete. Wem es nicht gefällt, der solle halt gehen, ist Kay Rays klare Ansage. In Trier geht niemand.
Seine ungewöhnliche Mischung, die der inzwischen nicht mehr ganz so schrille Kay Ray (die Haare sind nicht mehr bunt gefärbt, das Make-up ist dezent) auf die Bühne bringt, kommt an. Mit exzellenter Stimme interpretiert er Kate Bush ebenso gelungen wie die Crash Test Dummies, veralbert Schlager und parodiert Milva zum Brüllen komisch. Wenn er Lieder singt, die für ihn geschrieben wurden, lugt hinter dem rotzfrechen Kay Ray eine andere Seite hervor. Hinter der Fassade des immer lustigen und knallharten Comedians zeigt sich eine verletzliche Künstlerseele.
Immer zügelloser
Im Laufe der Show betrinkt er sich - und lässt eine Flasche Wodka durch die Publikumsreihen wandern. Der Zuschauer wähnt sich am Tresen einer Spelunke, wo mit steigendem Alkoholpegel die Geschichten alberner und die Witze zügelloser werden. Nach drei Stunden Programm klingt seine Stimme schon mächtig verwaschen. Sein Publikum fühlt sich gut unterhalten. Und auch wenn Kay Ray sich dieses Mal - wie oft in seinen Shows geschehen - nicht ausgezogen hat: Er hat alles gegeben. kap