Schaulauf der Jazzstars

Luxemburg · Die Philharmonien Luxemburg und Paris haben ein Konzert-Format wieder aufgelegt, das 1944 in Los Angeles erfunden wurde: Jazz at the Philharmonic. Die Idee ist, namhafte Jazzmusiker dort zu einem Austausch zu versammeln, wo sonst überwiegend klassische Musik gespielt wird. 1200 Zuschauer lockte der Abend in die Philharmonie Luxemburg.

 Herbstblätter, meisterhaft interpretiert: Gitarrist Biréli Lagrène.Foto: Philharmonie Luxembourg

Herbstblätter, meisterhaft interpretiert: Gitarrist Biréli Lagrène.Foto: Philharmonie Luxembourg

Luxemburg. Als vor rund 70 Jahren Musiker wie Les Paul oder Nat King Cole in der Philharmonie Los Angeles zusammenkamen, war das eine Sensation, weil es in klassischen Konzertsälen bis dahin kaum Jazz gegeben hatte. Und es war ein politisches Fanal, denn das Benefizkonzert war Folge eines Aufstands und Anfang einer Reihe, die sich gezielt über Rassentrennung hinwegsetzte.
Heute ist Jazz auf den Bühnen großer Konzerthäuser ebenso selbstverständlich wie der gemeinsame Auftritt von Musikern verschiedener Kulturkreise. Was also ist besonders an der Neuauflage von Jazz à la Philharmonie? Exklusivität und der Umstand, dass hier geklotzt und nicht gekleckert wird.
Zusammen mit dem musikalischen Leiter, Pianist Éric Legnini, werden zehn musikalische Schwergewichte aus den USA und Europa aufgefahren, die in dieser Konstellation nur je einmal in den Philharmonien Luxemburg und Paris zu erleben sind. Darunter der von den Einheimischen stürmisch begrüßte Luxemburger Trompetenstar Ernie Hammes, Saxofon-Altmeister Joe Lovano und Gitarrenlegende Biréli Lagrène.
Und weil man sich ja sonst nichts gönnt, sind auch noch die Saxofonisten Stefano Di Battista und Sophie Alour, Trompeter Ambrose Akinmusire, Bassist Thomas Bramerie und die beiden Schlagzeuger Jeff Ballard und Franck Agulhon dabei.
Zunächst ist das Konzert Schaulauf ihrer professionellen Virtuosität. In zwei wuchtigen, temporeichen Bigband-Nummern, Hommagen an Charlie Parker und Oscar Peterson, beweisen sich die zehn in punktgenauem Zusammenspiel als souveräne Bandmusiker. Dazu stellen sie in teils ermüdend langen Solo-Partien ihr Improvisationstalent und ihre ureigene Stilistik vor.
Das klingt absolut perfekt, aber eher nach individuellem Nebeneinander als nach beseeltem Austausch. Der wächst erst im Laufe des Abends heran, vor allem dann, wenn Balladen auf dem Programm stehen und die Musiker in kleineren Besetzungen spielen. Glanzlichter sind da zum Beispiel das von Biréli Lagrène filigran und intim arrangierte "Autumn Leaves" oder der von Thelonius Monk geschriebene Standard "Round about Midnight", der von Ambrose Akinmusire als Hauptstimme bewegend interpretiert wird.
In der zweiten Konzerthälfte dann sind alle Beteiligten in Hochform, da herrscht die Stimmung einer ausgelassenen Jam-Session vor. Lebendige Wechselspiele und teils fetzige Dialoge der Instrumente reißen mit. Da gibt es wahre Bläserorgien oder Schlagzeug-Einlagen, die nach Samba-Schule klingen. Nach drei abwechslungsreichen, nur von kurzer Pause unterbrochenen Konzertstunden bleibt schließlich der Eindruck eines außergewöhnlichen, so nie wieder reproduzierbaren Erlebnisses. Es wird von den 1200 Besuchern mit tosendem Applaus und Bravo-Rufen quittiert.

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