Schillers Klassiker in moderner Form

Luxemburg · Das Grand Théâtre in Luxemburg hat am Mittwoch vor fast ausverkauftem Haus eine moderne Inszenierung von Schillers "Kabale und Liebe" präsentiert. Zu Gast war das Ensemble des deutschen Theaters Berlin mit dem famosen Ulrich Matthes an der Spitze.

 Ferdinand (Ole Lagerpusch, links) will Luise (Claudia Eisinger) – sein Vater (Ulrich Matthes) kämpft mit Intrigen gegen die junge Liebe. Foto: Grand Théâtre

Ferdinand (Ole Lagerpusch, links) will Luise (Claudia Eisinger) – sein Vater (Ulrich Matthes) kämpft mit Intrigen gegen die junge Liebe. Foto: Grand Théâtre

Um mit Klassikern wie Friedrich Schillers "Kabale und Liebe" ein Publikum jenseits der Schulklassen anzusprechen, muss man sich in modernen Zeiten, wo Absolutismus und Standesdünkel (zumindest in Europa) passé sind, etwas einfallen lassen. Stefan Kimmigs Inszenierung des deutschen Theaters Berlin, am Dienstag zu Gast im Luxemburger Grand Théâtre, öffnet jedoch keine neuen Blickwinkel.

Die Geschichte, weit über 200 Jahre alt, erzählt von zwei jungen Liebenden, die aufgrund von Standesunterschieden nicht zusammenkommen dürfen (Liebe). Der Stadtmusikant Miller und seine Tochter Luise auf der einen und der Präsident Walter, der am Hofe des absolutistischen Fürsten seine Ränkespiele um Macht und Einfluss treibt, sowie sein Sohn Ferdinand auf der anderen Seite, sind die Hauptfiguren. Vor allem der standesbewusste Walter versucht die Beziehung mit eiskalten Intrigen (Kabale) zu sabotieren. Schlussendlich sehen die Liebenden keinen Ausweg mehr und wählen den Giftbecher als Tür aus dieser Welt, in der sie gegen Staatsräson und Täuschungen keine Chance miteinander haben.

Viele Türen, aber kein Ausweg



Der Star des Abends im fast ausverkauften Luxemburger Grand Thèâtre ist eindeutig das Bühnenbild von Katja Haß. Die Bühne ist ein Kasten, der an den beweglichen Wänden, Decken und Böden mit vielen verschiedenen Türen ausgestattet ist, durch die die Protagonisten gehen, stürzen und fliehen, jedoch keinen Ausweg finden. Halt geben ihnen Klinken und Griffe, an denen die Figuren hangeln. Die stärksten, bewegendsten Momente hat die Inszenierung, wenn der Kasten zurückfährt und sich auf einer Drehbühne bewegt, die Figuren hängen in vermeintlicher gegenseitiger Abhängigkeit in der Luft. Ansonsten gibt es einige seltsam uninspiriert gespielte Passagen, die energiegeladene Sprache Schillers jedoch trägt das ganze Stück. Die Besetzung ist exzellent, ein hervorragendes Ensemble. Herausragend und physisch stark, nuancenreich ist Ole Lagerpusch als Ferdinand. Der große Ulrich Matthes als machtversessener Präsident Walter brilliert mit seinem Charisma, seine Präsenz erreicht auch noch die letzte Reihe.

Für die zahlreichen jungen Zuschauer, wohl Schulklassen, dürfte sich jedoch eine neue Welt aufgetan haben: großes Theater, live und ungeschnitten, einmalig und unwiederbringlich. Da raschelt kein Papier, da wird kein Reclam-Heftchen interpretiert, der Text wird mit Leben und Leidenschaft erfüllt, da wird geschwitzt, geliebt, gestorben, und ja, da blitzt - weil es zur Inszenierung passt - auch mal ein blanker Busen. Das allerdings sorgt eher für Erheiterung. Das Publikum dankt mit großem Applaus.

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