Schöne neue Welt der Geometrie

Trier · Mit "Positionen Konkreter Kunst heute" zeigt das Trierer Stadtmuseum Simeonstift eine gleichermaßen interessante wie eindrucksvolle Schau fernab aller zeitgeistigen Kunstmoden. Eröffnet wird die Ausstellung im Rahmen der Museumsnacht (siehe auch Infobox unten).

Trier. "Ohne Kenntnis der Geometrie soll keiner eintreten." Platons strikte Zugangskontrolle für seine philosophische Akademie mag man Besuchern der Ausstellung im Simeonstift nicht zumuten. Künstlern, die sich dem Thema "Konkrete Kunst" widmen, gleichwohl. Bildet doch die geometrische Logik nicht nur das geistige Grundgerüst, das diese Kunst zusammenhält. Die geometrische Form ist - neben Farbe - auch ihr formales Element, um neue Gedanken und Denkmodelle in Bilder umzusetzen.
Die geometrische Form ist seit jeher die reine philosophische Form. In ihre Dreiecke, Kreise und Rechtecke lassen sich die Modelle einer neuen idealen Welt ebenso hineindenken wie die Bildideen und -gedanken der Konkreten Kunst. Um sich von vorgegebenen Formen zu befreien, zogen sich die Väter der Konkreten Kunst in den 1930er Jahren in die Geometrie und die Farbe zurück.
15 verschiedene Positionen


Die Trierer Ausstellung zeigt 15 zeitgenössische Positionen Konkreter Kunst. In ihnen wird eindrucksvoll deutlich, wie sich Konkrete Kunst weiterentwickelt hat und heute darstellt. Noch immer steht gleichsam am Anfang die geometrische Form, die von der Farbe belebt wie geordnet wird, und die dem Intellekt das Gefühl zur Seite stellt.
So wie in John Carters "Line Between", in der sich poetisches Blau und die strenge rechtwinklige Linie zu einem wunderbaren Bild von der Gemeinschaft des Geistes und des Gefühls vereinen. Zu den renommierten Konkreten Künstlern dieser Zeit gehört Sigurd Rompza, der mit Jo Enzweiler die Ausstellung eingerichtet hat. Rompzas Wandobjekte sind sich nicht selbst genug. Sie beziehen das Licht ein, finden im Schatten ihr "anderes Ich", werden im Wechselspiel des Lichts verändert und neu geschaffen. Im Spannungsfeld von Licht und Schatten, von runden und flächigen Elementen bewegen sich auch Jo Enzweilers Reliefs und reizvolle Skulpturen. In Claudia Vogels "Farbbildern" erzeugt das Gewebe des rechteckigen Bildträgers, durch das von hinten die Farbe gedrückt wird, spannende plastische Bildstrukturen.
Stille, eindringliche Schau


Die Klarheit der Linie, die zwingende Logik der Geometrie, die antike Philosophen und ihre Nachfolger im Geiste faszinierten, scheinen zeitgenössischen Konkreten - wie auch in Trier zu sehen - nicht unantastbar. Ewerdt Hilgemann hat seinen geometrischen Hohlkörper, dem er die Luft entzieht, zu einem formlosen Gebilde zusammengeknautscht. Auch Robert Schads Stahlskulpturen versetzen die Linie in Bewegung.
Die Trierer Ausstellung ist eine stille, aber sehr eindringliche Schau. In ihrem Verzicht auf vordergründige Symbolik, Geschwätzigkeit und jedwedes Spektakel wirft sie den Betrachter auf sich selbst zurück und macht seinen inneren Dialog umso dringlicher.
Die Ausstellung ist vom 15. September bis 28. Oktober zu sehen. Geöffnet täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr.

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