Schöne Sachen, die es nicht gab

Auch wenn sie nicht wahr sind, so sind sie doch gut erfunden, die Legenden um Kaiser Konstantin. Mythos und Macht gehen auch in der Erfolgsgeschichte des ersten christlichen Kaisers Hand in Hand. Um Überlieferung und Legendenbildung geht es an der dritten Station der vom TV präsentierten Konstantin Ausstellung, dem Stadtmuseum Simeonstift.

 Ein Bildteppich von Peter Paul Rubens zeigt die Hochzeit Konstantins. Foto: Konstantingesellschaft

Ein Bildteppich von Peter Paul Rubens zeigt die Hochzeit Konstantins. Foto: Konstantingesellschaft

Trier. Wenn es passte - wie im Fall der Konstantinischen Schenkung - scheuten die Erfinder der Konstantin-Mythen nicht mal vor bewusster Geschichtsklitterung zurück. Nicht nur dass sich der angeblich wundersam geheilte Kaiser zum Dank von Papst Sylvester I. taufen ließ. Zur bequemeren Durchsetzung der päpstlichen Machtansprüche wurde die Geschichte ein paar hundert Jahre später bedarfsgerecht aktualisiert. 778 legt Papst Hadrian I. der Kurie eine Urkunde vor, wonach der bekehrte Konstantin dem Bischof von Rom Vorrang vor allen christlichen Kirchen einräumte und ihn neben geistlichen Würden auch mit erheblichen weltlichen Rechten ausstattete.Die Allianz aus Macht und Mythos wirkte weit über den Kaiser hinaus. Vom römischen Volkstribun Rienzi bis zu den deutschen Hohenzollern und Mussolini beriefen sich Potentate aller Couleur auf die idealisierte Kaisergestalt. Die orthodoxe Ostkirche verzieh dem Kaiser gar alle Gräueltaten und erhöhte ihn zum Heiligen. "Im Simeonstift sind lauter Sachen zu sehen, die es in Wirklichkeit nicht gibt", hatte Kurator Josef Engemann zur Ausstellungseröffnung gescherzt. Wer sich nach all den belegten Tatsachen ins Legendenreich des Stadtmuseums begibt, wird feststellen: Eindrucksvoll präsentieren sich die erfundenen Geschichten um Konstantin. Hatten sich die beiden anderen Ausstellungsorte um ausdrückliche Sachlichkeit bemüht, so kommen hier endlich die Emotionen zu ihrem Recht. Das liegt schon am Grundton der Ausstellungsarchitektur, einem hinreißenden Rot. Viel Kostbares ist zu sehen. Das legendäre Schlachtengetümmel plus Kreuzvision an der Milevischen Brücke wird in eindrucksvollen alten und neueren Ansichten illustriert. Eine schöne Zeichnung von Gianlorenzo Bernini zeigt ein Reiterbild Konstantins. Ein prachtvolles goldenes Reliquar aus Moskau enthält angeblich den rechten Arm des heiligen Herrschers. Prachtvoll: ein riesiger französischer Bildteppich nach Peter Paul Rubens, der die nie stattgefundene Doppelhochzeit des Kaisers und seiner Schwester darstellt. Kleinode, an denen man sich nie sattsehen kann, sind das kostbare Ada-Evangeliar mit Kameo der Familie Konstantins aus der Stadtbibliothek oder das Evangeliar von St. Matthias. Keine Konstantin-Legenden-Schau ohne seine Mutter Helena. Die wahrscheinlich lebenslang engste Vertraute des Kaisers war womöglich auch seine zuverlässigste PR-Kraft, wenn es um jene Wunder Geschichten ging, ohne die keine der Weltreligionen als göttliche Legitimation auskommt. Wie die Legende berichtet, soll die als Heilige verehrte Kaisermutter, die den Kirchenbau förderte und auch den Trierer Domschatz wohl mit Reliquien beschenkte, das echte Kreuz Christi gefunden haben. Wunderschön: die Darstellung der Kreuzlegende von 1470 des Meisters von Liesborn oder die kunstvollen Staurotheken (Kreuzträger) mit den Kreuzreliquien. Ganz edel: die Trinkschale der Helena aus dem Domschatz. Bis 4. November, Öffnungszeiten: täglich 10-18 Uhr (ab 9 Uhr für Gruppen).

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