Konzert Am Ende Nacht ohne Licht

Trier · Das Schöneck-Ensemble gastiert zum 25. Jubiläum mit Dirigent  Christopher Wasmuth in Trier und spielt Werke von Janacek, Azarashvili und Schostakowitsch.

 Fantastischer Klang: das Schöneck-Ensemble in Trier.

Fantastischer Klang: das Schöneck-Ensemble in Trier.

Foto: Martin Möller

Da geht einem das Herz auf!  Kaum hatte das Schöneck-Ensemble in der AMG-Aula seine Plätze besetzt, kaum waren die üblichen Regularien vor Konzertbeginn abgehakt, da füllte ein faszinierend leichter, heller, transparenter Streicherklang den hohen, etwas halligen Raum. Es ist ein reiner und reicher Klang, fließend, ohne Druck und ohne Forcierungen. Dirigent Christopher Wasmuth und das Ensemble geben  Janaceks früher Streichorchester-Suite ein erstaunliches Spektrum an Klängen und Emotionen mit – gelegentlich ein bunter Stilmix, oft aber auch eine Vorahnung auf den Opernkomponisten Janacek mit seiner faszinierenden Verbindung aus Einfühlung und Nüchternheit. Beim Schöneck-Ensemble klingt diese Musik, als käme sie von ganz allein zustande, als bedürfe sie gar keiner Anstrengung. Faszinierend, wie in einem Satz die Bassgruppe innehält und Geigen wie Bratschen ein wunderbar zarter und leise hymnischer Tonfall gelingt.

Gelassenheit auch in schwierigen Passagen, dazu Sorgfalt, Achtsamkeit und eine tiefe Liebe zur Musik –  all das begleitet die Interpretationen in diesem Jubiläumskonzert zum 25-jährigen Bestehen des Ensembles wie eine sanfte Unterströmung. Und vielleicht war es auch dieser Grundzug, der Solist Emanuel Wehse in dem Cellokonzert von Vaja Azarashvili zur Wärme im Ton und unangestrengter Sicherheit in den virtuosen Passagen inspirierte. Das Cellokonzert des Georgiers (*1936) ist ein Werk von Format, mit einer zwar tonalen, aber in ihre dissonanten Feinheiten äußerst genau ausgehörten Harmonik. Der Solist ist in diesem Werk kein Selbstdarsteller. Cello und Orchester verschmelzen vielmehr zu einer Einheit in Vielfalt. Eine erstaunliche Musik. Eine kongeniale Interpretation. Und zweifellos ein sehr bedeutender Komponist.

Mit der Streichorchester-Sinfonie op. 118a von Schostakowitsch schlugen die Interpreten ein neues Kapitel auf. Thomas Kraemer betonte es in der Ansprache: Schostakowitsch war ein Komponist, der seine künstlerische Identität im Stalinismus mühsam und angstvoll behaupten musste gegen die mal schmeichelnde, mal aburteilende sozialistische Obrigkeit. Die Musik von Schostakowitsch ist stets eine Musik mit doppeltem Boden. Wasmuth und die Schöneck-Musiker hatten diese Doppelbödigkeit fest im Blick. Und kamen dabei ganz ohne aufgesetzte Theatralik aus. Eindringlich der letzte Satz. Ein Allegretto mit einer clownesken, gezielt unechten Heiterkeit, einer geradezu verzweifelten Energie und einem angedrehten Schwung, der allmählich leer lief.  Und am Ende Nacht ohne Licht. Die Spannung unter den rund 100 Besuchern  war fast körperlich spürbar, der Beifall strahlte Sympathie aus, aber auch Nachdenklichkeit.

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