Schreien ist auch keine Lösung

Luxemburg · Ein Paar, das sich nichts mehr zu sagen hat, lädt ein benachbartes Paar ein, das sich ebenfalls nichts mehr zu sagen hat: Viel geredet wird trotzdem. Zu viel. Das Kapuzinertheater hat am Dienstag erstmals das Drama "Dämonen" des Schweden Lars Norén vor fast ausverkauftem Haus aufgeführt.

 Was tun mit einem angebrochenen Abend? Katarina (Linda Olsansky) und Frank (Martin Engler) laden die Nachbarn ein. Foto: Bohumil Kostohryz

Was tun mit einem angebrochenen Abend? Katarina (Linda Olsansky) und Frank (Martin Engler) laden die Nachbarn ein. Foto: Bohumil Kostohryz

Was tun mit einem angebrochenen Abend? Eigentlich hatte Franks Bruder samt Ehefrau zu Besuch kommen wollen. Doch die angekündigten Gäste rufen an, um mitzuteilen, dass sie den Abend lieber im Motel verbringen. Das gelangweilte Ehepaar Frank (Martin Engler) und Katarina (Linda Olsansky) beschließt darauf, die Nachbarn Tomas (Jules Werner) und Jenna (Brigitte Urhausen) einzuladen. Dass sie dabei mitten in ein verbales Schlachtfeld hineinstolpern, ahnen Tomas und Jenna zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Es wird viel getrunken und viel geredet. Miteinander und übereinander. Nach und nach werden zwei Beziehungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, offen gelegt und gnadenlos demontiert.

Was in Lars Noréns Drama kaltschnäuzig und arrogant herüberkommt, setzt das Luxemburger Ensemble absurd, ja zum Teil schon fast komisch um. Das Premierenpublikum amüsiert sich jedenfalls köstlich über die misslungene Kommunikation von Frank und Tomas, denen Martin Engler durch seine Verhohnepipelung des Krawatten- und Hornbrillenträgers Tomas jede Ernsthaftigkeit nimmt. Aber irgendwann platzt dem so friedlichen Familienvater der Kragen, er wird gewalttätig.

Doch die wahren Antagonisten sind das Paar Frank und Katarina, die aneinander kein gutes Haar lassen. Sie schreien sich an, was jedoch keinesfalls dazu führt, dass der andere besser zuhört. Sie verspotten sich und demütigen den anderen bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Doch nur selten treffen die Spitzen ihr Ziel, sodass der Partner ein gekränktes "Warum bist du so?" hören lässt. Frank und Katarina wollen zeigen, dass es der auch vermeintlich glücklichen Nachbarfamilie nicht besser gehen kann als ihnen. Sie bohren so lange nach, dass schließlich auch Tomas seine Jenna anschreit: "Ich hab dich so satt!"

Wer Lars Noréns zum Teil äußerst drastisches Drama "Dämonen" gelesen hat, bei dem der amerikanische Dramaturg Edward Albee ("Wer hat Angst vor Virginia Woolf?") offenkundig als Ideengeber fungiert hat, muss sich vor dessen Aufführung auf der Bühne fast schon ein bisschen fürchten. Doch nicht so in der Version von Regisseur Steve Karier. Der Luxemburger hat Szenen wie die Beinahe-Kreuzigung von Frank schlichtweg gestrichen, auch die sexuelle Annäherung von Katharina und Tomas entfällt. Doch das unangenehme Gefühl in der Magengegend, das Norén bei seinen Lesern erzeugt, schafft auch Karier bei seinen Zuschauern. Auch Weglachen hilft da nichts.

Weitere Termine: 19., 25., 26. und 28. Februar sowie 3. März, jeweils 20 Uhr.

Karten über das Kapuzinertheater, Telefon 00352/47964054.

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